Wie Tausende Geflohene und Helfer in Mosambik Weihnachten feiern
Maputo ‐ Christi Geburt im Trümmerfeld feiern? Für die Menschen im Norden Mosambiks die bittere Realität. Rund 750.000 sind auf der Flucht, vor Terror, Armut und Gewalt. Doch Weihnachtsfreude findet sich auch dort, sagen Helfer.
Aktualisiert: 20.12.2022
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Christi Geburt im Trümmerfeld feiern? Für die Menschen im Norden Mosambiks die bittere Realität. Rund 750.000 sind auf der Flucht, vor Terror, Armut und Gewalt. Doch Weihnachtsfreude findet sich auch dort, sagen Helfer.
Seit 2017 wird der Norden Mosambiks von Dschihadisten heimgesucht. Große Teile der Bevölkerung mussten fliehen, etwa 3.000 Zivilisten kamen bisher ums Leben. Weihnachtsstimmung, wenn rundherum alles in Trümmern liegt? Kaum vorstellbar. Doch Helfer vor Ort berichten, wie die Bevölkerung in der nördlichen Provinz Cabo Delgado trotz Flucht und Todesangst das Fest begeht.
Die Mehrheit in Nordmosambik stellen Muslime, in und um die Provinzhauptstadt Pemba leben jedoch auch einige Christen. „Nichtsdestotrotz war Weihnachten stets ein Fest, das von allen gefeiert wird, und ein Augenblick des sozialen Zusammenwachsens über unterschiedliche Konfessionen hinaus“, sagt Margarida Loureiro. Sie ist Leiterin des Regionalbüros des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Pemba.
Bis vor kurzem wäre eine Weihnachtsfeier unmöglich gewesen, nachdem es den Islamisten dieses Jahr gelungen war, zeitweise ganze Städte unter ihre Kontrolle zu bringen. Fast 750.000 Menschen seien derzeit als Binnenflüchtlinge unterwegs. „Auf ihrer Flucht haben einige Familien alles verloren. Ihre Häuser, Angehörige und selbst ihre Ausweispapiere, die sie brauchen, um ihre Bewegungsfreiheit und Zugang zu Gesundheit, Bildung und den Arbeitsmarkt sicherzustellen“, so Loureiro.
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Militärische Hilfe aus Ruanda
„In Cabo Delgado leiden wir seit Jahren unter Armut, Nichtbeachtung und Gewalt“, sagt Fatima Cruz dem Magazin The Continent. Die Mosambikanerin legte, gemeinsam mit ihrem blinden Ehemann, einen 300 Kilometer weiten Fußmarsch zurück, um ein Camp in der Nachbarprovinz Nampula zu erreichen. Im Landesinnern gehen die Angriffe unterdessen weiter. Das katholische Denis Hurley Peace Institute (DHPI) in Südafrika berichtet von einem Anschlag in der Provinz Niassa: „Augenzeugen erzählen, die Angreifer brannten Häuser nieder und zerstörten das Mobilfunknetzwerk.“
Nach dem gescheiterten Einsatz südafrikanischer und russischer Söldner setzt Mosambik jetzt auf militärische Hilfe aus Ruanda und dem südlichen Afrika. Die befreundeten Armeen konnten zwar einige Städte befreien. Doch UNHCR-Vertreterin Loureiro weiß: „Es ist immer noch unsicher, zurückzukehren. Dass die Gewalt vor kurzem auch auf Niassa übergeschwappt ist, bereitet ebenfalls Sorge, zusätzlich zu der überwältigenden Not in Cabo Delgado.“
Mehr als die Hälfte der Vertriebenen sind Kinder. „Da sie bereits ein Schuljahr wegen Covid-19 und dem Konflikt verloren haben, ist es entscheidend, dass sie dieses Wissen in Förder- und Aufholklassen erhalten“, sagt Mara Unfer, Projektkoordinatorin der italienischen Organisation GVC-WeWorld, die sich in Mosambik in Bereichen wie Bildung, Ernährungssicherheit und Agrarökologie engagiert. WeWorld und das UNHCR leisteten lebensrettende Hilfe für die Geflüchteten wie auch für die Familien, bei denen diese unterkamen. Die Beziehungen zwischen Vertriebenen und Gastgebern seien vier Jahre nach Ausbruch der Krise angespannt, berichtet Unfer: „Wir sprechen nicht nur von einem Mangel an Nahrung, sondern auch an Wasser, Ackerland und Platz.“
„Es ist immer noch unsicher, zurückzukehren“
Weihnachten bietet eine willkommene Abwechslung. Im muslimisch geprägten Norden werde das Fest als „Familientag“ begangen, berichtet Unfer, „eine Gelegenheit, Verwandte zu treffen, gemeinsam Mittag zu essen und zu feiern“. Christen gingen außerdem zur Kirche. Für viele muss dieses Jahr erneut die Gastfamilie herhalten. „Ich beobachte, wie die Gastgebergemeinden ihre Brüder und Schwestern auf sagenhafte Weise unterstützen, unabhängig von Glaube oder Meinung“, berichtet UNHCR-Vertreterin Loureiro.
Die tagelange Belagerung der Stadt Palma, bei der Islamisten Dutzende Bewohner köpften, die Pandemie und die fortwährende Zerstörung machten 2021 zum Schreckensjahr. „Nichts davon ist noch normal. Doch Weihnachten ist eine Zeit der Hoffnung, der Einigkeit, und ich glaube, dass diese Tatsache nicht verlorengegangen ist.“
Und wie feiern die Helfer selbst? „Viele von uns haben Weihnachten seit Jahren nicht zu Hause verbracht“, erzählt Loureiro. Große Weihnachtsfeiern seien aufgrund der Pandemie ausgeschlossen. Einige UNHCR-Mitarbeiter würden sich aber mit ihren engsten Kollegen treffen. Den 24. und 25. Dezember verbringen sie mit ihrer „Feldfamilie“.
Von Markus Schönherr (KNA)
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