Klingt gut – aber die Argumentation hat einen Haken, findet zu Löwenstein: „Selbst wenn alle weniger Fleisch essen, würde zunächst einmal kein Tier weniger im Stall stehen“, gibt er zu bedenken. Stattdessen schlägt er vor, die Bestände an Rindern, Schweinen und Geflügel zu verringern.
„Man beginnt, dem Ferkelerzeugern den entgangenen Gewinn für Sauen, die er nicht mehr decken lässt, zu erstatten“, erläutert zu Löwenstein das Prinzip am Beispiel der Schweinemast. „Nach 16 Wochen gibt es dann entsprechend weniger Ferkel. Ab diesem Moment zahlt man Schweinemästern Geld dafür, dass sie ihrer Ställe zu Teilen leer stehen lassen.“
Weil der Markt dann genau wisse, ab wann die Getreidenachfrage sinke, würden auch die Preise sinken, so der Agrarwissenschaftler. „Denn jetzt muss man nicht mehr mit einer Versorgungslücke rechnen.“ Voraussetzung sei, dass der Staat diese Maßnahme verordne und sie zeitlich begrenze. So hätten Landwirte beispielsweise aus Südamerika keinen Anreiz, ihrerseits die Fleischproduktion hochzufahren.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium hält solche und ähnliche Vorstöße für „wenig zielführend“. Vielleicht, weil der Staat dafür eine Menge Geld in die Hand nehmen müsste. Und weil Fleisch zugleich deutlich teurer würde.
Hilfsorganisationen dagegen wie die Welthungerhilfe und Misereor sehen die Angelegenheit ähnlich wie zu Löwenstein. Man setze sich „mit Nachdruck dafür ein, dem Hunger der Menschen Vorrang vor der Herstellung tierischer Produkte und der Produktion von Agroenergie zu geben“, erklärt etwa Misereor-Chef Pirmin Spiegel.
Unterstützung kommt auch vom Bonner Agrar- und Entwicklungsexperten Joachim von Braun, der das wissenschaftliche Beratungsgremium für den UN-Ernährungsgipfel im vergangenen Herbst leitete. Die Zeit drängt. Aktuell gehen Wissenschaftler von bis zu 811 Millionen Hungernden in der Welt aus. Zu Löwenstein fürchtet: Bald schon könnte die Marke von einer Milliarde übersprungen werden.