Das neue Jahr in Venezuela hat so begonnen wie das alte endete: mit Gewalt. Bei einer Aktion der umstrittenen Polizeieinheit FAES wurden 23 Menschen getötet, darunter drei Minderjährige. Die Menschenrechtsorganisation Provea spricht von einem Massaker. „Warum gibt es nicht einen einzigen Verletzten, sondern nur Tote? Nicht auf Seiten der sogenannten Kriminellen, auch nicht auf Seiten der Polizei?“, fragte Provea-Koordinator Marino Alvarado in dieser Woche. Die FAES ist eine Spezialeinheit der Bundespolizei PNB, die immer wieder durch Gewalt auffällt. UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet hatte Venezuela zuletzt aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, nachdem sich über Jahre die Berichte über außergerichtliche Hinrichtungen häufen.
Die staatliche Gewalt ist ein Grund, warum seit Jahren Millionen Venezolaner ihre Heimat verlassen. Zu den schweren Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Stellen kommt die Versorgungskrise hinzu. Laut Schätzungen der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), werde sich die Zahl der Migranten nach einer Grenzöffnung im Anschluss an eine überstandene Corona-Pandemie weiter erhöhen. Dann könnten noch einmal zwei Millionen Migranten folgen. Weil die Grenzen derzeit geschlossen sind, verlassen immer mehr verzweifelte Venezolaner das Land auch auf illegalem Weg. Bei einer Flucht über das Meer nach Trinidad und Tobago kamen zuletzt fast 30 Migranten aus Venezuela ums Leben.
Die venezolanischen Bischöfe sahen sich nun dazu veranlasst, im Anschluss an ihre jährliche Vollversammlung an den sozialistischen Präsidenten Nicolas Maduro zu appellieren. Er solle in einem „Akt von Mut“ so schnell wie möglich zu freien, transparenten Neuwahlen aufrufen – sowohl für das Präsidentenamt als auch für das Parlament. Die Mehrheit der Venezolaner sei der Meinung, dass die jüngsten Parlamentswahlen durch Unregelmäßigkeiten geprägt gewesen seien. Dazu zählten eine sehr niedrige Wahlbeteiligung und das Fehlen von internationalen Wahlbeobachtern. Das Land brauche nun einen radikalen Wechsel in der politischen Führung, so die Bischöfe.