Auch Weintraub hat diesem „Kulturmarxismus“ offenbar den Kampf angesagt. Linke Studenten sieht er als Agenten des Kommunismus. Derweil verlangen Abgeordnete von Bolsonaros Partei gar die Besetzung der Hochschulen durch die Polizei, um dort den vermeintlich hohen Drogen- und Alkoholkonsum einzudämmen. Zudem müsse Schluss sein mit den Che-Guevara-Wandbildern, empörte sich der rechte Abgeordnete Helio Lopes, der sich im Wahlkampf „Helio Bolsonaro“ genannt hatte.
Angesichts der Attacken wollen Studentenvereinigungen in den nächsten Tagen über Streiks abstimmen. „Wir müssen Bolsonaro klarmachen, dass an den Unis durchaus Platz für Widerspruch ist“, so Marianna Dias, Präsidentin der Studentenvereinigung UNE. Die Regierung müsse die Unabhängigkeit der Universitäten respektieren, fordert sie. Nachdem während der Diktatur (1964-85) Studenten und Professoren verfolgt wurden, garantierte die Verfassung von 1988 den Hochschulen Autonomie.
Bolsonaro interessiert das nicht. Letzte Woche kündigte er an, die Gelder für Soziologie und Philosophie zu streichen. Bildung müsse dazu dienen, Lesen, Schreiben und Rechnen zu lehren, damit man später den eigenen Broterwerb bestreiten könne, so Bolsonaro. Die freiwerdenden Gelder sollen nun Kursen für „Veterinäre, Ingenieure und Ärzte“ bereitgestellt werden.
Sein Bildungsminister, ein ehemaliger Investmentbanker, übernahm erst vor wenigen Wochen das Ministerium von Ricardo Velez. Der wollte Schüler beim Singen der Nationalhymne filmen und negative Berichte über die Diktatur aus den Geschichtsbüchern tilgen lassen.
Nun also Weintraub. Am Donnerstag kündigte er eine landesweite Untersuchung zur Alphabetisierung von Schülern an. Die koste lediglich 115.000 Euro, frohlockte er. Man gehe sehr sorgsam mit Steuergeldern um, fügte er hinzu. Wenige Minuten später korrigierte das Bildungsministerium die Kosten. Es seien in Wahrheit 115 Millionen Euro. Man habe sich schlicht verrechnet.