Schüler weltweit demonstrieren für Klimaschutz
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Schüler weltweit demonstrieren für Klimaschutz

Klimawandel ‐ Hunderttausende Schüler haben am Freitag in mehr als 100 Staaten für drastische Schritte gegen die Erderwärmung demonstriert. Unter dem Motto „Fridays for Future“ waren weltweit rund 1.700 Kundgebungen und Schülerstreiks angekündigt, in Deutschland rund 200.

Erstellt: 15.03.2019
Aktualisiert: 15.03.2019
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Hunderttausende Schüler haben am Freitag in mehr als 100 Staaten für drastische Schritte gegen die Erderwärmung demonstriert. Unter dem Motto „Fridays for Future“ waren weltweit rund 1.700 Kundgebungen und Schülerstreiks angekündigt, in Deutschland rund 200. Die Veranstalter in Köln meldeten bis zum Mittag rund 10.000 Teilnehmer, in München waren es rund 8.000 und in Bonn 2.500.

Kurienbischof: Vatikan steht hinter Schülerprotesten zum Klima

Der Papst steht nach Einschätzung des argentinischen Kurienbischofs Marcelo Sanchez Sorondo hinter den weltweiten Klima-Protesten von Schülern. „Ich bin sicher, dass Franziskus mit dieser Initiative zum Schutz des Klimas sehr zufrieden ist“, sagte Sanchez, Kanzler der Päpstlichen Akademien für die Wissenschaften und die Sozialwissenschaften, der italienischen Tageszeitung „La Repubblica“ am Freitag. Der Bischof verwies auf die Umweltenzyklika „Laudato Si“ von 2015 und auf verschiedene Wortmeldungen des Papstes zum Pariser Klimaabkommen.

Das mangelnde Interesse von Regierungen weltweit an Klimafragen verglich Sanchez mit einem „kollektiven Selbstmord“. Aus Sicht des Vatikan brauche es eine „umfassende ökologische Umkehr“. Der Bischof sprach von einem „moralischen Imperativ“ zum Klimaschutz, der sich aus der biblischen Botschaft zur Schöpfungsverantwortung ergebe. „Wir sind die letzte Generation, die die Dinge ändern kann“, so der Argentinier.

Papst Franziskus sei über die Entwicklungen auf dem Laufenden, sagte Sanchez weiter. Er verwies auf das Abschmelzen der Andengletscher in der argentinischen Heimat des Papstes; die Eismasse sei um die Hälfte zurückgegangen. In der sonst überaus fruchtbaren südamerikanischen Pampa verzeichne man aufgrund anhaltender Trockenheit Ernteeinbußen von 30 Prozent.

Die Folgen des Klimawandels trügen vor allem die Armen, aber auch die Gesundheit der Reichen sei in Gefahr, sagte Sanchez. Nach seiner Auffassung müsste das Klimaabkommen von Paris revidiert werden; die Lage sei „viel dramatischer“, als man 2012 geglaubt habe. Sanchez steht den beiden päpstlichen Denkfabriken, denen renommierte internationale Wissenschaftler angehören, seit 1998 als Kanzler vor. Präsident der Wissenschaftsakademie ist der deutsche Ernährungs- und Umweltexperte Joachim von Braun.

Unterstützung auch von deutschen Wissenschaftlern und Hilfswerken

Deutsche Wissenschaftler, Hilfswerke und die Grünen bekundeten unterdessen erneut Unterstützung für die Aktionen der Schüler. Aus der Union kamen wegen der Verletzung der Schulpflicht kritische Töne. Inspiriert sind die Schulstreiks von der 16-jährigen Schwedin Greta Thunberg, die im vergangenen Jahr allein vor dem schwedischen Parlament zu demonstrieren begonnen hatte.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor (26) sagte der „Heilbronner Stimme“, politisches Interesse der Schüler sei lobenswert. „Dem können sie aber auch in ihrer Freizeit nachgehen.“ Die Schulpflicht solle nicht von politisch opportunen Protestthemen abhängig gemacht werden.

Der Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter verteidigte die Schüler demgegenüber im Deutschlandfunk. Wer mit der Schulpflicht argumentiere, wolle die jungen Menschen „klein machen“. „Die Lokführer streiken ja auch nicht während ihrer Freizeit“, sagte er. „Wir sind dabei, deren Zukunft zu zerstören. Das haben die begriffen.“

Rückendeckung erhielten die Schüler auch vom Potsdamer Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber. „Wir fahren den Planeten gegen die Wand, und keiner hört zu“, sagte er im Morgenmagazin des ZDF. Deshalb sei es toll, dass Schüler die Forschung so ernst nähmen.

Zustimmung kam auch vom Ehrenpräsident des Club of Rome, Ernst Ulrich von Weizsäcker. „Rückblickend wird man sagen, dass die Schüler durch die Debatten um den Streik mehr gelernt und mehr bewirkt haben, als auf der Schulbank Französisch und Mathematik zu lernen“, sagte er der „Heilbronner Stimme“. In der Politik seien die Themen Zukunftsangst und Klimaveränderung noch nicht richtig angekommen.

Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch erklärte, die Schüler forderten ihre Grundrechte ein: „Die Generation, die heute die Entscheidungen trifft, darf die Zukunft der kommenden Generationen nicht durch eine Eskalation der Klimakrise aufs Spiel setzen.“ Auch „Brot für die Welt“ stellte sich hinter die Streiks. „Wir dürfen weder den Menschen in anderen Erdteilen jetzt schon, noch unseren Kindern und Jugendlichen in den kommenden Jahrzehnten die Zukunft dadurch verbauen, dass wir nicht energisch genug dem menschengemachten Klimawandel entgegentreten“, sagte die Präsidentin Cornelia Füllkrug-Weitzel.

Zuvor hatten rund 20.000 Wissenschaftler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz eine Stellungnahme unterzeichnet, um dem Anliegen der Klimabewegung Nachdruck zu verleihen. Vergangene Woche hatte nach Kanzlerin Angela Merkel auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Schülerproteste begrüßt.

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