Frage: Wie engagiert sich Misereor in El Salvador?
Spiegel: Misereor hat 2018 für elf Projekte rund drei Millionen Euro bereitgestellt für die Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen. Der Fokus liegt unter anderem auf der Arbeit im ländlichen Raum sowie den Bereichen Lebenskompetenztraining und Gewaltprävention bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen und bei der Förderung von Menschenrechten.
Frage: Klingt nach Graswurzelarbeit.
Spiegel: Nach Analyse aller unserer Partner sind Großprojekte beziehungsweise Projekte, die aufgesetzt werden, der falsche Weg. Die Arbeit muss an der Basis ansetzen, wo sie den Bedürftigen und den Verletzlichsten in der salvadorianischen Gesellschaft unmittelbar zugutekommt, deren Potenziale einbringt und deren Wirklichkeit als Referenzpunkt hat.
Frage: Anfang des Monats haben die Salvadorianer den erst 37-jährigen Nayib Bukele zum neuen Präsidenten gewählt. Ein Zeichen für einen Neuanfang?
Spiegel: Nach allem, was wir hören, könnte Bukele tatsächlich frischen Wind in die Politik bringen. Er vertritt etwas Neues – wobei man aber ganz klar sagen muss, dass bislang noch niemand so recht weiß, was denn dieses „Neue“ genau beinhaltet. Wird Bukele tatsächlich Akzente etwa beim Umweltschutz und im Kampf gegen Gewalt und Korruption setzen? Oder paktiert er am Ende doch mit den beiden alten Parteien ARENA und FMLN, die seit Ende des Bürgerkriegs 1992 die Szene beherrschen? Vieles ist möglich. Dass der künftige Präsident bereits im ersten Wahlgang die notwendige Mehrheit erreichte, lässt zumindest hoffen, dass ein guter Teil der Bevölkerung einen Politikwechsel wünscht.
Frage: Im Parlament allerdings verfügt Bukeles Partei GANA nur über 11 von 84 Sitzen.
Spiegel: Ein Präsident allein macht noch keinen Wandel. Auch das haben uns unsere Partner immer wieder gesagt: Veränderung entsteht von unten. Wenn die Bevölkerung Druck macht, dann wird Bukele darauf reagieren müssen.
Von Joachim Heinz (KNA)
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