Frage: Bruder Jürgen Neitzert, 2019 jährt sich die Begegnung Ihres Ordensgründers Franz von Assisi und dem Sultan al-Kamil zum 800. Mal. Was genau geschah damals?
Bruder Jürgen Neitzert: Franziskus wollte der ganzen Schöpfung und allen Menschen das Evangelium bringen. 1219 machte er sich mit dem Schiff auf nach Akko im Heiligen Land. Von dort fuhr er weiter nach Damiette an der Nordküste Ägyptens, wo die Kreuzfahrer waren. Als junger Mann hatte Franziskus selbst im Militär gedient und die Leiden des Krieges am eigenen Leib gespürt. Deshalb wandte er sich ab von jeglichem kriegerischen Bemühen. Franz kam also in das Lager der Kreuzfahrer, sah deren Lebensweise, die er für schlecht befand und prophezeite ihnen ihre Niederlage.
Nahe Damiette war ein Feldlager, in dem sich der Sultan von Ägypten, al-Malik al-Kamil, aufhielt. Franz wollte zu ihm, wohl um ihn zu bekehren – damals gab es noch keinen interreligiösen Dialog. Doch er stellte fest, dass die Menschen dort gläubig waren, zu Gott beteten, dass der Sultan ein frommer Mensch war. Der Sultan wiederum war den Christen gegenüber sehr gewogen, hatte in seinem Reich mit den Kopten viele Christen. Insofern war es für den Sultan nicht ungewöhnlich, dass er mit einem christlichen Mönch wie Franziskus zu tun hatte. Er hatte den Kreuzfahrern viele Friedensangebote gemacht und erwartete vielleicht, dass Franziskus kam, um Frieden zu bringen. Und obwohl die Erwartungen beider nicht erfüllt wurden, wurde Franziskus während der drei Wochen Aufenthalt in dem Lager gut aufgenommen. Wir gehen davon aus, dass er davon Impulse mitgetragen hat.