Kultureller und politischer Widerstand ist mehr denn je angezeigt. Der Staat Peru will sein Amazonasgebiet erschließen und wirtschaftlich besser zugänglich machen. Dafür soll ein chinesisches Konsortium den Fluss Maranon so weit ausbaggern, dass auch große Schiffe dort ganzjährig fahren können. Und die Ahnen, die im Fluss wohnen? Werden sie auch mit ausgebaggert?
Um das zu verhindern, organisierten Pater Cadenas und Radio Ucamara eine Reihe von Workshops in den Dörfern, wo die Bewohner ihre spirituelle Sicht des Flusses wie auf einer Landkarte einzeichneten. Das Ergebnis: eine zehn Meter lange Papierrolle, auf der alle Orte des Flusses gekennzeichnet sind, die als heilig oder als von Geistern und anderen Wesen bewohnt gelten. Diese spirituell-kulturelle Landkarte des Maranon ist ein wichtiges Instrument im Kampf gegen die Ausbaggerung.
Das meint auch Professor Jorge Abad von der Technischen Universität Lima. Der Ingenieur ist mit seinen wissenschaftlichen Messungen zu Ergebnissen gekommen, die durchaus kompatibel mit der indigenen Weltsicht sind: „Der Fluss Maranon ist sehr dynamisch; er bewegt Tonnen von Sedimenten, Flussbänke verschieben sich.“ Abad kritisiert das Vorhaben der Flussvertiefung vor allem, weil keine vorherigen Studien über die Auswirkungen gemacht wurden.
„In der Weltsicht der Kukama bedeutet eine Ausbaggerung, dass sich die Flussgeister zurückziehen“, warnt Pater Cadenas. „Ohne ihren Fluss, wie sie ihn kennen, hängen die Leute in der Luft; ihre Spiritualität wird zerstört.“
Die Kultur und Spiritualität der Kukama hat in Radio Ucamara eine sichtbare Heimstatt gefunden. Jugendliche Künstler haben die Ober- und Unterwasserwelt der Kukama in einer großen Wandmalerei festgehalten. Menschen, Schlangen, Fische, Delfine, Vögel, Jaguare: Sie alle gehören zum Universum über und unter Wasser.
„Wir befinden uns hier in einem ständigen Widerstand, um unsere Kultur und unseren Fluss zu verteidigen“, sagt Mari Tellez. Dass ihre Arbeit dank der päpstlichen Umwelt-Enzyklika „Laudato si“ von 2015 im Einklang mit der katholischen Kirche steht, ist hilfreich. „Aber unser Einsatz für die Umwelt ist älter als 'Laudato si'„, sagt Mari Tellez voller Stolz.