Dass der Konflikt, der sich vor neun Jahren verschärfte, bis heute nicht einzudämmen ist, hat aber noch weitere Gründe: „Erinnerungen und Wut sind noch ganz frisch. Die Regierung hat keine Plattform geschaffen, um das zu verarbeiten. Es gibt keine Maßnahmen, die zu einer Versöhnung führen könnten“, so Barkindo.
Eine bessere Einbindung der Bevölkerung vor Ort fordert auch Moshood Raimi, der für die nichtstaatliche Organisation Nigeria Ingo Forum arbeitet. „Ihre Ansichten bei der Planung und Durchführung von Hilfs- und Friedensaktivitäten werden in gewisser Weise sogar unterdrückt.“
Große Probleme gebe es auch bei der Grundversorgung. „Die Finanzierung reicht nicht aus.“ UN-Zahlen zufolge haben fünf Millionen Menschen in dem betroffenen Gebiet nicht ausreichend Zugang zu Nahrung. 490.000 Kinder leiden an akuter Mangelernährung. Verschiedene Organisationen betonen allerdings, dass bis heute nicht alle Gegenden erreicht werden könnten. Die Zahlen dürften also durchaus höher liegen. „Wir fordern von der internationalen Gemeinschaft den festen Willen, sich um diese Notlage zu kümmern“, so Raimi.
Instabil ist die Situation ebenfalls in den Nachbarländern, die im Laufe der Jahre immer stärker in den Konflikt gezogen wurden. Zuerst zogen sich die Terroristen in den Niger, nach Tschad und Kamerun zurück, verübten dort später aber auch Anschläge. Aufgrund der seit Jahren anhaltenden Wirtschaftskrise gilt aktuell vor allem der Tschad als desolat. Massive wirtschaftliche Unzufriedenheit hat letztendlich Anfang der 2.000er Jahre zum Aufstieg von Boko Haram beigetragen. Die ist bis heute spürbar. Deshalb, so Atta Barkindo, gelingt es der Miliz weiterhin, neue Mitglieder zu rekrutieren.
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