Auch Amnesty International verurteilte die jüngsten Gewaltausbrüche scharf. „Die Botschaft, die die nicaraguanischen Behörden aussenden, ist die, dass sie bereit sind, jedwedes Mittel anzuwenden, um die Stimmen zum Schweigen zu bringen, die gegen diese Welle der Unterdrückung demonstrieren“, sagte Erika Guevara Rosas, Amerika-Direktorin von Amnesty.
In den sozialen Netzwerken tauchten am Montag ebenfalls Bilder von einer Gruppe regierungsnaher Schlägerbanden auf, die eine Pfarrei stürmten und die Kirche verwüsteten. „Kirche – Terroristen“, riefen einige der Angreifer. Der regierungsnahe Sender Viva Nicaragua berichtete, Grund für den Angriff sei gewesen, dass die Kirche Medikamente aus staatlichen Stellen gestohlen habe – was schwer belegbar sein dürfte.
Seit Wochen gibt es in Nicaragua Massenproteste gegen die sandinistische Regierung Daniel Ortegas. Die Gegner fordern seinen sofortigen Rücktritt und werfen der Regierung systematische Gewalt gegen Demonstranten vor. Die Proteste hatten sich an einer Rentenreform sowie der Unterdrückung der Meinungsfreiheit entzündet.
Ortega macht die Protestbewegung für die Gewalt verantwortlich und lehnt einen Rücktritt ab. Bislang kamen nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen mehr als 320 Menschen bei den Protesten ums Leben. Die interamerikanische Menschenrechtskommission erhob zuletzt schwere Vorwürfe gegen die Regierung und warf Ortega den gezielten Einsatz des Machtapparats zur Unterdrückung der Proteste vor.
Die Kirche versuchte im Rahmen eines „Nationalen Dialogs“ zwischen den beiden Lagern zu vermitteln. Der Dialog wurde allerdings mehrmals unterbrochen. Kirchenvertreter hatten Demonstranten in den Gotteshäusern Rückzugsräume geboten – und erhielten daraufhin Morddrohungen. Den Vorschlag der Bischöfe, die innenpolitische Krise mit vorgezogenen Neuwahlen zu lösen, lehnt Ortega bislang ab.