Doch wenn sie krank seien, suchten die Nachbarn trotzdem Rat bei ihr. Mal sei es Krebs oder Diabetes, wofür sie ein „natürliches Insulin“ hat. Frauen in den Wechseljahren empfiehlt sie Tee aus der „Cavalinha“, der Schachtelpalme. Bei Männern lindere sie Prostatabeschwerden und Infektionen der Harnröhre.
Viel öfter kämen aber Leute nur zum Reden. Dann leiste sie „emotionale Hilfestellung“. „Sie glauben, dass das grüne Ambiente mit den Bäumen, Pflanzen und Komposthaufen ihnen hilft.“ Viele klagten über Einsamkeit, Familienprobleme, finanzielle Sorgen. Und vor allem Depressionen, „die Krankheit der modernen Welt“, so Fayad. „Sie bringen all das her, beichten regelrecht.“ Sie selbst halte sich mit der Gartenarbeit seelisch im Gleichgewicht. „Den Menschen fehlt es, mit den eigenen Händen die Natur zu greifen.“
Ab und zu kämen auch Indigene vorbei, die außerhalb von Brasilia leben. Dann tausche man Fachwissen aus. „Ich schreibe alles mit, was sie erzählen. Das Wissen der Indigenen ist so beeindruckend.“ Doch das sei keine Einbahnstraße. „Manchmal bitten sie mich um Setzlinge und Samen, die ihnen selbst fehlen.“
Es gebe aber auch in der Stadt einige Menschen, die alternativ denken, sagt Fayad. Mit ihnen hat sie zehn ähnliche Gärten in Brasilia errichtet. Einen neben einer Naturheil-Apotheke, einen neben einer Anstalt für Behinderte und weitere in Sozialeinrichtungen. „Die Idee, dass man sich auch mitten in der Großstadt selbst und gesund versorgen kann, multipliziert sich.“
Ein „funktionales Mikro-Ökosystem“ nennt sie ihren Garten, in dem Ameisen, Bienen, Vögel, Würmer, Eidechsen und Schmetterlinge leben. „Eine Oase inmitten des städtischen Wahnsinns“, sagt sie lachend. „Wenn ich den Besuchern erzähle, dass die Pflanzen mit mir reden, halten sie mich für verrückt. Nur die Kinder finden den Gedanken toll, und sie drängen ihre Eltern, wieder herkommen zu dürfen.“ Die Kinder verstünden halt noch, was im Leben wichtig sei.