Professor Tomás Halík, der als Fachmann zu diesem Studientag der Deutschen Bischofskonferenz eingeladen war, bezeichnete es als Aufgabe der Kirchen, „ein Gegenmittel zu entwickeln gegen diese Infektion des Populismus“. Obwohl in Tschechien nur zehn Prozent der Bevölkerung Katholiken sind, hofft Halík auf einen positiven Einfluss der Kirche auf die Gesellschaft: „Wir sollten eine kreative Minderheit sein und eindeutig in die öffentliche Debatte eintreten.“ Außerdem sei es die „Hauptaufgabe der Kirche, Menschen in ihrer geistlichen Suche zu begleiten“. Der Professor plädierte für einen internationalen „Brain trust“ aus Intellektuellen, der Visionen entwickeln sollte für die Kirche, die die „Zeichen der Zeit denken muss“.
Weiterer Experte dieses Studientages war der Ungar András Máté-Tóth, Professor für Religionswissenschaft an der Universität Szeged. Er betonte, dass Ungarn und die weiteren Gesellschaften Ost-Mittel-Europas nicht ohne die „kollektiven Verwundungen in ihrer Geschichte“ verstanden werden könnten. So sei ein „Langzeitdialog“ vonnöten, in dem der Dialogpartner über Höflichkeitsgesten hinweg zu einer „Betrachtung der Verwundungen“ komme. Máté-Tóth benutzte für einen solchen Dialog den Begriff „kleine Philosophie der Freundschaft“: „Die hält Meinungsverschiedenheiten aus!“
Erzbischof Schick sprach Schwierigkeiten im Ost-West-Dialog der Kirchen an wie unterschiedliche Auffassungen etwa über Ehe, Sexualität, Recht, Flüchtlinge. Doch „wir können reich beschenkt werden, wenn wir uns mit allem Ernst auf die Erfahrungen der Kirche in anderen Regionen einlassen“. So lasse sich auch von der Glaubenspraxis der Kirchen in Ungarn, Tschechien, Polen lernen. Als Beispiele nannte Schick Volksfrömmigkeit, Marienverehrung oder die Verbindung von Religion und Mystik. „Religion ist mehr als Kopfsache, auch das Herz gehört dazu“, sagte Erzbischof Schick.
Von Marion Krüger-Hundrup
Marion Krüger-Hundrup, Chefredakteurin i.R. der Bamberger Bistumszeitung „Heinrichsblatt“, jetzt freie Journalistin mit dem Themenschwerpunkt Kirchen und Religionen.
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