Frage: Inwiefern hat die Spaltung des Landes 2011 das kirchliche Leben beeinflusst?
Mangoria: Massiv. Denn der größere Teil des Klerus und unserer pastoralen Mitarbeiter waren aus dem Süden. Hier im Norden gibt es ja kaum einheimische Christen. Und auch heute ist es so, dass der übergroße Teil meines Klerus nicht aus dem Norden stammt. Von 51 Priestern und Diakonen sind nur fünf Nordsudanesen. Der Rest stammt aus dem Südsudan. Das hat auch rechtliche Folgen: Die Südsudanesen haben nach der Abspaltung automatisch ihre Staatsbürgerschaft für den Norden verloren. Sie sind hier also oft nur geduldet. Theoretisch könnten sie auch des Landes verwiesen werden. Aber die Behörden haben verstanden, wie wichtig der Klerus für uns als Kirche ist. Wir haben derzeit keine Probleme diesbezüglich, Gott sei Dank.
Frage: Wie sieht es mit dem Priesternachwuchs aus?
Mangoria: Wir haben leider nur wenige Seminaristen. Es hat aber sicher damit zu tun, dass sich die Mentalitäten der jungen Leute gewandelt haben. Vielleicht fehlt es aber auch am Bewusstsein dafür, wie entscheidend der Priester für die Kirche ist. Wir sind schließlich eine sakramental verfasste Kirche. Es kann also ohne Priester keine Kirche geben. Wir werden also die Menschen dafür besser sensibilisieren müssen. Vor allem die Familien. Sie müssen die Sorge um Priester als eigenes Anliegen begreifen lernen.
Frage: Wie tief ist der katholische Glaube im Sudan verwurzelt? Schließlich kam er erst im 19. Jahrhundert an.
Mangoria: Wir stehen hier erst am Beginn der Evangelisierung. Bislang haben wir vor allem auf die Zahlen geblickt. Als Erfolg galt es, wenn sich sehr viele Menschen taufen ließen. Wir haben aber so viele Heiden getauft, ohne dass es eine Bekehrung gab. Viele Menschen missverstehen auch die heilige Taufe. Sie bringen ihre Kinder zur Taufe, weil sie krank sind und sie sich von der Taufe Heilung versprechen. Das ist aber nicht die Haltung, auf die es ankommt. Der Glaube ist also nicht wirklich tief verwurzelt. Außerdem sind unsere lokalen Traditionen sehr stark.
Frage: Können Sie ein Beispiel nennen?
Mangoria: Nehmen Sie die Frage der Polygamie. Die Leute wollen um jeden Preis Nachkommen und Erben. Sie haben deshalb oft mehrere Frauen. Und wenn sie nur eine Frau haben, die kirchlich geschlossene Ehe aber kinderlos bleibt, nehmen sie sich eine neue. Das ist natürlich nicht vereinbar mit dem christlichen Eheverständnis.