In Kairo ist am 28. April ein christlich-muslimisches Gipfeltreffen geplant, das es in dieser Form bislang noch nicht gab. Zu einer internationalen Friedenskonferenz der Al-Azhar-Universität werden nicht nur deren Großimam Ahmed Mohammed al-Tayyeb und Papst Franziskus erwartet, sondern auch das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Christenheit, Patriarch Bartholomaios I., sowie offenbar die Patriarchen der Kirchen im Nahen Osten. Eingeladen hat dazu die Al-Azhar-Universität, die weltweit renommierteste Lehrstätte des sunnitischen Islams.
Den Papst bringen die Anschläge in eine schwierige Lage. Denn die Proteste gegen al-Sisi, die den Attentaten folgten, machten erneut deutlich, dass nicht alle Kopten den regimefreundlichen Kurs ihres Oberhaupts Papst Tawadros II. gutheißen. Die Demonstranten hielten al-Sisi mangelnden Schutz der christlichen Minderheit vor. Dass dies offenbar nicht ganz unberechtigt ist, zeigte sich daran, dass der Präsident den Schutz der Kirchen nach den Anschlägen von der Polizei auf das Militär übertrug.
Franziskus hat Tawadros II. und der koptischen Kirche nach den Anschlägen kondoliert. Einen besseren Schutz für Kopten forderte er allerdings nicht. Davon abgehalten haben dürften ihn nicht zuletzt auch die negativen Erfahrungen, die Benedikt XVI. mit einer solchen Einlassung 2011 gemacht hatte. Damals löste diese Forderung in Ägypten Empörung aus. Die Al-Azhar brach ihren offiziellen Dialog mit dem Vatikan aus Protest ab – Großimam war bereits damals al-Tayyeb.
Auffällig war, dass Franziskus die Anschläge in seiner diesjährigen Osterbotschaft nicht ansprach und die schwierige Lage der Christen im Nahen Osten insgesamt nicht direkt thematisierte. Diese Zurückhaltung dürfte auch im Sinne seines Gesprächspartners Tawadros II. sein. Ungeachtet wachsender Kritik unter seinen Bischöfen steht das Oberhaupt der koptischen Kirche weiter zu al-Sisi. Als Angehörige seiner Kirche nach einer Welle der Gewalt gegen Kopten im Herbst 2016 vor dem Weißen Haus in den USA demonstrierten, forderte er ein Ende des Protests.
Schon als al-Sisi nach dem Militärputsch 2013 seinen islamistischen Vorgänger Mohammed Mursi absetzte, stellte sich Tawadros II. demonstrativ hinter den damaligen General. Al-Sisi seinerseits bemühte sich um ein gutes Verhältnis zur koptischen Minderheit und besuchte 2015 als erstes ägyptisches Staatsoberhaupt einen koptischen Gottesdienst. Das weiß man auch im Vatikan zu schätzen.
Im vatikanisch-islamischen Dialog eröffnet der Besuch des Papstes eine neue Phase. Bereits Johannes Paul II. (1978-2005) hatte 2000 die Al-Azhar-Universität besucht. Ein offizieller regelmäßiger Dialog mit dem Vatikan bestand seit 1998 – bis er 2011 von ägyptischer Seite wegen der Kopten-Äußerung von Benedikt XVI. abgebrochen wurde. Der Besuch al-Tayyebs beim Papst im Vatikan im Mai 2016 war ein entscheidender Schritt für die Wiederannäherung. Vor einigen Wochen reiste dann erstmals wieder eine vatikanische Delegation unter Leitung von Kurienkardinal Jean-Louis Tauran zu Gesprächen nach Kairo. Und nun kommt der Papst persönlich.
Von Thomas Jansen
© KNA