Stattdessen geht Franziskus wie bei den Kardinalsernennungen zuvor an die Ränder der Welt – nach Mauritius etwa. Der Bischof der Hauptstadt Port-Louis, Maurice Piat, darf sich demnächst ebenso als Eminenz anreden lassen wie sein Mitbruder John Ribat, der das Hauptstadtbistum Port Moresby auf Papua-Neuguinea leitet. Mit dem Erzbischof Dieudonne Nzapalainga von Bangui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik, holt der Papst einen Gastgeber seiner Afrika-Reise vom vergangenen November in sein Beratergremium. Einen künftigen Gastgeber benannte er mit dem Erzbischof von Dhaka, Patrick D'Rozario. Eine Reise nach Bangladesch sei „fast sicher“ hatte er am vergangenen Wochenende gesagt.
Die katholische Kirche in Italien bedachte Franziskus mit keinem einzigen bei einer künftigen Papstwahl stimmberechtigten neuen Kardinal. Nachdem er bereits bei den ersten beiden Durchgängen 2014 und 2015 Außenseiterbischöfe statt der üblichen Anwärter aus Venedig und Turin ausgewählt hatte, ging die Apenninhalbinsel diesmal gänzlich leer aus. Nur unter den vier Geistlichen, die der Papst als über 80-Jährige für ihre besonderen Verdienste um die Kirche zusätzlich zum Kardinal ernennt, ist ein pensionierter italienischer Bischof. Die einzigen traditionellen Anwärter auf die Kardinalswürde, die Franziskus berücksichtigt hat, stammen aus Europa: Es sind die Erzbischöfe von Madrid und Mecheln-Brüssel, Carlos Osoro Sierra und Jozef De Kesel.
Lateinamerika im Fokus
Mit drei Kardinälen stellen die Lateinamerikaner die größte Gruppe. Der erste Papst aus Lateinamerika betreibt keine Lateinamerikanisierung mit der Brechstange, trägt aber dem Umstand Rechnung, dass beinahe die Hälfte aller Katholiken in dieser Region lebt. Auffallend ist, dass er mit Merida in Venezuela und Tlaneplatla in Mexiko ein weiteres Mal wenig bekannte Bistümer mit der Kardinalswürde aufwertet.
Bemerkenswert sind die beiden neuen Kardinäle aus den USA. Mit Chicagos Erzbischof Blase Cupich befördert Franziskus seinen treuesten Gefolgsmann in der US-amerikanischen Bischofskonferenz. Mit dem Erzbischof von Indianapolis, Joseph William Tobin, ernennt er einen Geistlichen, der bis zum Oktober 2012 zweiter Mann der vatikanischen Behörde für die Orden war. Mit dieser Entscheidung habe der Papst die katholische Kirche in den USA mehr in die Mitte gerückt hin zu einer weniger „kulturkämpferischen Haltung“, schrieb ein US-amerikanischer Kommentator kurz nach der Bekanntgabe.
Strategisch bedeutsame Gewichtsverschiebungen ergeben sich allerdings auch nach der dritten Runde von Kardinalsernennungen in Franziskus‘ Amtszeit noch nicht. Mit 53 von 121 Kardinälen stellen die Europäer auch nach den neuen Erhebungen am 19. November weiter mit Abstand die größte Gruppe. Die Mehrheit der Kardinäle wurde noch von Benedikt XVI. und Johannes Paul II. in das Kollegium berufen.
Von Thomas Jansen (KNA)
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