Frage: Wie steht es denn insgesamt um die Religionsfreiheit in der Welt?
Krämer: Wir beobachten mit großer Sorge, dass Einschränkungen der Religionsfreiheit weltweit zunehmen. Immer stärker geraten religiöse Minderheiten unter Druck – auch durch staatliche Diskriminierung oder gesellschaftliche Ausgrenzung. Uns beunruhigt dabei vor allem, dass religiöse Argumente zur Legitimierung von Gewalt missbraucht werden, um wirtschaftliche, soziale oder ethnische Konflikte auszutragen. Wer diese Konflikte lösen will, muss die Ursachen sorgfältig analysieren.
Frage: Welche Regionen und Religionen bereiten Ihnen da die größten Sorgen?
Krämer: Sicher ist die Situation im Nahen und Mittleren Osten derzeit am angespanntesten. Aber auch Nigeria, Eritrea, Pakistan oder Indien sind Länder, in denen Menschen sehr stark unter Verletzungen der Religionsfreiheit leiden. Gerade für die Christen im Nahen und Mittleren Osten ist die Situation sehr schwierig. Gleichzeitig leiden aber auch die Muslime in dieser Region sehr stark unter dem Grundkonflikt zwischen Sunniten und Schiiten. Das gilt auch für die Konflikte in Syrien und dem Irak.
Frage: Was muss passieren, um die Situation zu verbessern?
Krämer: Zunächst müssen wir alles dafür tun, dass die politische, soziale, ethnische oder wirtschaftliche Instrumentalisierung von Religion weltweit durchschaut und abgebaut wird. Hier ist der interreligiöse Dialog ein wichtiges Instrument. Christen sollten hier immer wieder die Vorreiter sein. Gleichzeitig braucht vor allem die junge Generation in den heutigen Krisenländern neben Frieden und Freiheit eine ökonomische wie politische Zukunftsperspektive. Rund 70 Prozent der Menschen in den Ländern unserer Projektpartner in Afrika und Asien sind jünger als 30 Jahre.
Frage: Der interreligiöse Dialog, den Sie ansprechen, wird von manchen totgesagt, von anderen allenfalls belächelt als „naives Gutmenschentum“...