„Viele dieser Flüchtlinge haben große Träume“, sagt Schulleiterin Gabriele Sachse. Und sie weiß, dass sich die für viele nicht erfüllen werden. „Aber solange sie diese Ziele haben, sind sie übereifrig und hoch motiviert. Und dann werden es auch einige schaffen.“ Vorausgesetzt, sie dürfen bleiben. Das wissen bislang die wenigsten dieser Jugendlichen, die alle allein nach Deutschland kamen.
Ausgestattet mit einem Starter-Paket, das die Schule auch mit Hilfe von Spenden des Einzelhandels organisierte, wurden die Schüler am 9. Februar in der Schule begrüßt. Und schon in den ersten Wochen haben sie erstaunlich viel gelernt. In der Klasse mit den leistungsstärkeren Schülern, die mehrere Jahre lang eine Schule in ihrer Heimat besucht haben, nimmt Claudia König kurz vor den Osterferien bereits die Modalverben durch: Sätze mit können, dürfen, wollen, sollen, müssen oder mögen: „Das ist recht anspruchsvoll für die vierte Woche Deutschunterricht“, weiß die 28-Jährige, die nach ihrer Erziehungszeit eigentlich erst im April an die Schule kommen wollte. Aber nachdem die Schulleiterin ihr gesagt hat, wofür sie sie braucht, ist sie bereits im Februar mit zwölf Stunden eingestiegen: „Und ich finde diese Aufgabe spannend.“
Auf die Modalverben kamen sie im Unterricht, da die Lehrerin ihren Schülern beibrachte, dass zwei Verben im Satz nicht hintereinander stehen. „Dann aber sagte einer im Rahmen einer Übung, dass er hier sei, weil er Deutsch lernen möchte. Und ‚lernen möchte‘ sind zwei Verben in Folge. Also war ich in Erklärungsnot und entgegnete, dass Sätze mit Modalverben eine Ausnahme bilden. Da wollten sie sofort wissen, was Modalverben sind.“
Das ist es, was Claudia König an dieser außergewöhnlichen Form des Deutschunterrichts liebt. „Die Schüler sind ungeheuer motiviert. Sie fordern mich immer wieder neu heraus. Und dabei werde ich selbst ganz neu für unsere Sprache sensibilisiert.“ Die Flüchtlinge dürfen eben nicht nur Deutsch lernen – sie wollen, mögen und können das auch.
Selbst dann, als die Schüler zu zweit arbeiten, sich Fragen stellen und gegenseitig schriftlich beantworten sollen, rufen sie immer wieder nach ihrer Lehrerin: „Ist das so richtig?“ – „Frau König, gucken Sie mal.“ Einige sagen auch Frau Claudia, weil der Umgang mit Vor- und Nachnamen in ihrer Heimat ein anderer ist. „In einer deutschen Klasse könnte ich während der Partnerarbeit selbst etwas lesen und hätte einige Minuten Ruhe. Hier müsste ich Kilometergeld bekommen, weil ich die ganze Zeit von einem Platz zum anderen gehe.“ Das findet sie zwar anstrengend – „aber es macht auch richtig viel Spaß.“