Dass Belo Monte trotzdem ans Netz gehen darf, ist für die Umweltaktivisten der Beweis, dass sich die Regierung Rousseff bei der Umsetzung ihres Entwicklungsplanes für die Amazonasregion nicht um die Belange der dort lebenden Menschen schert. Immer wieder hatten sie auf die in der Verfassung vorgesehenen öffentlichen Anhörungen der Bewohner bestanden. Doch Regierung und Betreiber ließen sich nicht dazu bewegen.
Der Vorwurf: 40 Millionen Euro Schmiergeld an Regierungsparteien
Nun beschert Belo Monte zur Abwechslung auch der Regierung in Brasilia Unbehagen. Schmiergelder in Höhe von 150 Millionen Reais, rund 40 Millionen Euro, sollen die beiden Regierungsparteien PT und PMDB insgesamt im Ausschreibungsprozess von den Betreibern erhalten haben. Dies erklärten Manager der betroffenen Baufirmen in Kronzeugenaussagen. Gegen die Unternehmer wird im Rahmen des Korruptionsskandals um den halbstaatlichen Energieriesen Petrobras ermittelt.
Das Schmiergeld, das ein Prozent der ursprünglichen Projektsumme von 15 Milliarden Reais ausmacht, soll zu gleichen Teilen, also je 75 Millionen Reais, an die PMDB von Vize-Präsident Michel Temer und an Rousseffs Arbeiterpartei PT verteilt worden sein. Pikant: Teile der Summe wurden in Form von Wahlkampfspenden an die PT weitergereicht, etwa für Rousseffs ersten Präsidentschaftswahlkampf 2010 sowie ihre Wiederwahl Ende 2014.
Kongress berät über Amtsenthebung Rousseffs
Die PT beeilte sich zu betonen, dass die Spenden legal verbucht worden seien; dass die Gelder eventuell aus illegalen Quellen stammten, sei nicht bekannt gewesen. Sollte jedoch bewiesen werden, dass Rousseff oder ihre Wahlkampfleitung Bescheid wusste, könnte dies sie und Vize Temer das Amt kosten. Brasiliens Oberstes Wahlgericht TSE hat bereits ein Verfahren gegen das damalige Kandidatenpaar Rousseff-Temer eröffnet. Zwar gab das Gericht zuletzt an, erst 2017 zu einer Entscheidung zu kommen. Die jüngsten Kronzeugenaussagen könnten dem Prozess aber neuen Schwung geben.
Fraglich ist indes, ob ein Prozess gegen Rousseff überhaupt noch nötig sein wird. Derzeit berät der Kongress über ihre Amtsenthebung. Sie soll 2015 gegen Haushaltsgesetze verstoßen haben. Vize Temer und seine PMDB-Partei haben bereits die Regierung verlassen. Ohne sie könnten Rousseff die nötigen Stimmen fehlen, um ihre Amtsenthebung zu verhindern. Bereits Anfang Mai könnte so ihr Vize Temer die Amtsgeschäfte übernehmen.
Von Thomas Milz (KNA)
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