
„Schlimmer als der Tsunami“
Überschwemmungen in Indien ‐ Nach sintflutartigen Niederschlägen stehen weite Teile Südindiens unter Wasser. Auch die Millionenstadt Chennai ist betroffen. Die Hilfswerke Misereor, Caritas international und die Steyler Missionare leisten Nothilfe.
Aktualisiert: 11.12.2015
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Die katholischen Hilfswerke Misereor und Caritas international stellen je 100.000 Euro Soforthilfe für die Opfer der Überschwemmung in Indien bereit. Die Situation sei schlimmer als nach dem Tsunami 2004, das Leid der Menschen unbeschreiblich, sagte Misereor-Projektpartner Arul Raj am Freitag. Wochenlange schwere Regenfälle hatten in dem südindischen Bundesstaat Tamil Nadu zu Überschwemmungen geführt.
Die Wassermassen seien bis zu sieben Meter hoch angestiegen und hätten sich inzwischen mit Abwasser vermischt, so Raj weiter. 125.000 Menschen seien auf Nahrungsrationen angewiesen. Es gebe keinen Strom und kein Benzin, der Verkehr sei zum Erliegen gekommen. Aus Sicht von Misereor-Länderreferentin Brigitte Mandelartz müssen die Betroffenen zunächst wieder ein Dach über den Kopf bekommen, falls der Regen anhält. Auch Medikamente seien erforderlich, da der Ausbruch übertragbarer Krankheiten befürchtet wird.
Dass derart viele Stadtteile in der Hauptstadt des Bundesstaates Chennai unter Wasser stehen, liegt nach Einschätzung des Hilfswerks auch an fehlgeleiteter Stadtplanung. In den vergangenen Jahren seien immer mehr innerstädtische Flächen und kleine Seen für Industrieprojekte zubetoniert worden, so dass Flüsse und Seen keine Überlaufflächen mehr haben, hieß es.
Die Nothilfe-Maßnahmen richten sich nach Angaben von Misereor an die Ärmsten. „Vor allem Dalit-Familien, die außerhalb des Kastensystems stehen, werden diskriminiert und haben Schwierigkeiten, an die staatliche Nothilfe zu gelangen“, erklärte Mandelartz.

Caritas stellt 100.000 Euro bereit
Neben Misereor stellt auch Caritas international 100.000 Euro für Nothilfe-Maßnahmen zur Verfügung. Wie das Hilfswerk des deutschen Caritasverbandes in der vergangenen Woche mitteilte, würden mit dem Geld Projekte an der Küste der besonders betroffenen Region Tamil Nadu unterstützt.
„Viele Straßen stehen mehrere Meter unter Wasser. Das Leben ist weitgehend zum Erliegen gekommen. Unzählige Menschen stehen vor dem Nichts“, so Peter Seidel, Indienreferent von Caritas international, der zurzeit vor Ort ist. Auch in den umliegenden ländlichen Regionen sei die Lage fatal. „Genau dort wollen wir jetzt schnell und unbürokratisch helfen“, sagte Seidel.
Steyler leisten Nothilfe für Flutopfer
Auch die Steyler Missionare leisten derzeit Nothilfe in der überfluteten Metropole Chennai. „Die Umstände vor Ort sind unbeschreiblich“, berichtete Pater C. Bali Reddy, der ein Ausbildungshaus in Chennai leitet. „Die Stadt gleicht einem See“, ergänzte der Steyler Missionar Pater Jesu Arockiam. „Tausende Menschen sind praktisch über Nacht obdachlos geworden. Die Regierung versucht nun, sie an sicherere Orte zu bringen.“
Wie die Steyler Missionare am Donnerstag mitteilten, unterstützen die Ordensmänner Initiativen vor Ort, durch die betroffene Bewohner mit Hilfsgütern wie Milchpulver, Kleidung und Seife versorgt werden. „Bislang haben wir schon 175 Familien mit Nothilfepaketen unterstützen können“, so der Diözesanpriester Pater Jesu Sathianathen, der eine dieser Initiativen leitet.
Während vor Ort die Hilfsmaßnahmen weitergingen, habe das Hochwasser auf politischer Ebene eine kontroverse Debatte über die Ursachen ausgelöst. Nach Angaben des Ordens mache Indiens Premierminister Narendra Modi den Klimawandel für die Unwetter verantwortlich. Damit unterstrich er die Dringlichkeit der Pariser Klimaverhandlungen. (lek/KNA/Misereor/Caritas/Steyler Missionare)
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