Bei diesem Festhalten am Glauben kommt den Katholiken von Vietnam nach der Beobachtung des deutschen Jesuiten der „Charakter“ ihres Volkes zugute: „Was man macht, das macht man richtig“, laute die Devise der Menschen dort. „Wenn man Katholik ist, dann ist man richtig Katholik und nicht so ein Wischiwaschi-Katholik! Dann geht man jeden Sonntag in die Kirche, unterstützt die Gemeinde, nimmt am Kirchenleben teil.“
Wenn schon Katholik, dann richtig
Das hört sich zunächst einmal nach einer wichtigen Rolle der Laien in der vietnamesischen Kirche an. Ganz so hat das der Besucher aus Nürnberg allerdings nicht erlebt: „Die Kirche in Vietnam ist sehr klerikal, hierarchisch. Der Priester ist alles. Es gibt nicht so etwas wie Laiengremien oder Mitverantwortung. Was es gibt, ist eine rege Teilnahme, auch im sozialen Bereich. Oder wenn die Kirche renoviert oder neu gebaut wird, da machen viele mit, auch finanziell. Von daher ist auch der Bischof so etwas wie der Schutzpatron.“ Und der Papst, das ferne Oberhaupt in Rom, werde von Vietnams Katholiken sehr respektiert, ja geradezu verehrt. Sie sähen in ihm auch ein Gegengewicht zu ihren kommunistischen Herren.
Verfolgung von Christen „gibt es in Vietnam überhaupt nicht“, sagt Pater Väthröder. „Der Großteil der Vietnamesen würde sich als Atheisten bezeichnen, obwohl sie auch an irgendetwas glauben. Es gibt natürlich noch eine gewisse buddhistische Tradition, die aber mit den Katholiken sehr gut auskommt. Christsein in Vietnam heißt in der Regel katholisch sein. Es gibt, glaube ich, nur knapp 500.000 Protestanten – und sechs Millionen Katholiken. Das sind immerhin acht Prozent der Bevölkerung. Eine kleine, aber doch starke Gruppe, auf die man Rücksicht nimmt.“ Das Regime lege den Katholiken hier und da Steine in den Weg, aber in der Bevölkerung würden die Katholiken sehr geachtet. „Ich war bei der Einweihung einer neuen Kirche in einem Dorf mit 300 Katholiken und vielleicht 1.000 Einwohnern – da kommen dann alle zum Fest! Die sind alle eingeladen und kommen auch alle, ganz klar.“
Der Staat „hält den Daumen drauf“
In westlichen Medien wird Vietnam immer wieder mal als aufstrebende Wirtschaftsmacht geschildert. Doch Väthröder hat das Entstehen einer Konsumgesellschaft nur in Ansätzen beobachten können. Vielleicht könnten sich ein paar junge Arbeiter in einer Samsung-Fabrik auch mal Fußballklamotten leisten, aber das sei schon fast alles. Von Menschenrechten oder den Rechten von Arbeitern sei öffentlich keine Rede. „Das ist immer noch ein Einparteienstaat, der den Daumen fest draufhält, auch auf Presse usw. Es gibt, wenn man mit den jungen Leuten spricht, in diesen Fabriken sehr unterschiedliche Arbeitsbedingungen. Sie sagen z. B.: Samsung ist sehr interessiert an guter Presse, und darum sind die Arbeitsbedingungen dort eigentlich ganz gut. Natürlich verdienen sie nicht dieselben Gehälter wie in anderen Ländern, aber die Arbeitsbedingungen sind nicht so schlecht. Das sieht in chinesischen Fabriken ein bisschen anders aus!“
Überrascht war der deutsche Jesuit bei seinem Vietnam-Besuch darüber, dass die Menschen dort durchaus über die Flüchtlingskrise in Europa sprechen. Und zwar, wie er berichtet, „mit einem ganz bestimmten Zungenschlag“. „Auch in den kleinen Dörfern, wo ich war, wurden wir darauf angesprochen, dass wir Deutsche sind. Angela Merkel wurde sehr gelobt. Sie bewundern, dass wir Deutschen doch so gut sind und die Flüchtlinge mit offenen Armen empfangen. Das hat mich sehr gewundert und auch sehr gefreut, weil normalerweise das Bild der Deutschen im Ausland nicht immer so positiv ist.“
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