Ganzheitliche Ökologie aus Sicht der Ärmsten
„Laudato si“ ist weit mehr als nur eine Umweltenzyklika. Das Schreiben ist eine „grüne“ Sozialenzyklika – freilich nicht im politischen Sinne. Franziskus buchstabiert hier eine „ganzheitliche Ökologie“ aus der Sicht der Ärmsten. Aus Sicht jener, die nicht in „ökologischen Wohnanlagen“ leben, die nur einigen wenigen dienten und „wo man zu vermeiden sucht, dass andere eintreten und die künstliche Ruhe stören“. Ein wirklich „ökologischer Ansatz“ sei immer auch ein „sozialer Ansatz“, schreibt der Papst. Über Umweltschutz kann man aus seiner Sicht nicht sprechen ohne soziale Gerechtigkeit, das internationale Wirtschaftssystem, Flüchtlingsströme und Menschenrechte in den Blick zu nehmen.
Franziskus macht in der Enzyklika wie seine Vorgänger Johannes Paul II. und Benedikt XVI. auch deutlich, dass ein konsequenter Umweltschutz immer auch Lebensschutz bedeute. Es sei „nicht vereinbar“, die Natur zu verteidigen, Embryonen aber für nicht schutzwürdig zu halten, so Franziskus.
Zitate aus den Ortskirchen
Aufschlussreich ist auch ein Blick aufs Kleingedruckte: In den Fußnoten der Enzyklika zitiert Franziskus auffallend oft Stellungnahmen nationaler Bischofskonferenzen aller Kontinente; die Bischofskonferenzen von Brasilien und den Philippinen ebenso wie jene Kanadas und die Deutsche Bischofskonferenz. Damit zeigt er zum einen, dass er das Lehramt der Bischöfe und die Rolle der Ortskirchen ernst nimmt. Zum anderen dokumentiert dies freilich auch, dass etliche Ortskirchen in Sachen Umweltschutz Rom um einiges voraus waren.
Neu ist an der Enzyklika die Verankerung des Umweltschutzes als fundamentales theologisches Thema. Auch frühere Päpste hatten sich schon dazu geäußert. Doch Franziskus hat jetzt endgültig klar gemacht, dass es sich hierbei nicht um einen theologischen Nebenschauplatz handelt. Das menschliche Dasein gründe auf drei grundlegenden, eng miteinander verbundenen Beziehungen, schreibt der Papst: die Beziehung zu Gott, zum Nächsten und zur Erde. Damit greift er nicht nur auf den biblischen Schöpfungsbericht, sondern auch auf eine Denkfigur der indigenen lateinamerikanischen Theologie zurück. Seit „Laudato si“ kann man nun nicht mehr sagen, Umweltschutz sei etwas für christliche Weltverbesserer – er ist jetzt verbindlicher Teil der offiziellen katholischen Lehre.
Von Thomas Jansen (KNA)