Saint Louis-Kathedrale von Karthago (Tunesien)
Historisches Gotteshaus in Tunesien – mit Kolonialgeschichte

Kathedrale von Karthago soll wiedereröffnet werden

Tunis ‐ Einst war Karthago eine blühende Metropole im Norden Afrikas. Geblieben sind beeindruckende Ruinen – und ein im 19. Jahrhundert errichteter Kirchenbau. Der beherbergt heute ein Museum und ist nun nach langen Sanierungsarbeiten wieder zugänglich.

Erstellt: 17.01.2024
Aktualisiert: 17.01.2024
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Die seit drei Jahren geschlossene katholische Kathedrale Saint-Louis in Karthago soll vorübergehend wiedereröffnet werden. Wie das Portal „webdo.tn“ (Dienstag) berichtet, kündigte das Kulturministerium für Ende Januar eine teilweise Aufhebung der Schließung an. Der Apsisbereich bleibe aber für die Öffentlichkeit weiter nicht zugänglich.

Das historische Gotteshaus aus dem 19. Jahrhundert ist Teil eines Museumskomplexes („Akropolium“) an den Ausgrabungen der antiken Stadt Karthago bei Tunis. Kirche und Museum werden seit 2021 saniert, die Sammlungen neu geordnet. Endgültig sollen sie 2026 wiedereröffnet werden.

Die Kathedrale Saint-Louis wurde binnen weniger Jahre auf dem höchsten Punkt des Bursa-Hügels errichtet, wo einst die Akropolis der antiken Großmacht Karthago stand. Das mächtige Gotteshaus war dem französischen König Ludwig dem Heiligen geweiht, der 1270 genau hier als Kreuzfahrer starb.

Das Gotteshaus mischt byzantinisch-romanische und maurische Elemente. Ein umlaufendes Mosaikband formuliert in dicken lateinischen Lettern den Führungsanspruch des Hausherrn für „ganz Afrika“. Es greift auch einen Ausspruch des Papstes Leo IX. (1049-1054) aus der Zeit vor den Kreuzzügen auf: Der Bischof von Karthago sei der erste in Afrika – und es werde dort wieder eine blühende Kirche entstehen.

Eng mit französischem Kolonialismus verbunden

Vom Bursa-Hügel sollte eine Signalwirkung für die Wiedererrichtung eines katholischen Nordafrika französischer Prägung ausgehen. Die Kirche segelte damit im kolonialen Fahrwasser des französischen „Protektorats“. Das 1843 gegründete Apostolische Vikariat Tunesien wurde 1884 zum Erzbistum Karthago erhoben; Papst Leo XIII. ernannte 1884 den Franzosen Charles Martial Lavigerie (1825-1892) zum ersten Erzbischof von Karthago und damit - nach antiker Tradition – zum Primas von ganz Afrika („Primas Africae“).

Ludwigs als Reliquien verehrte Eingeweide, die Kardinal Lavigerie erworben hatte, fanden hier ihren neuen Aufbewahrungsort. Nach der staatlichen Unabhängigkeit Tunesiens 1956 wurden sie in die Sainte-Chapelle nach Paris gebracht.

Das muslimische Nordafrika sah in den triumphalistischen Machtdemonstrationen der Kirche einen Affront der Kolonialmacht Frankreich – und Roms, des alten Feindes aus der Antike. Tunesiens Staatsgründer, der Sozialist Habib Bourguiba (1903-2000), kassierte nach der Unabhängigkeit alle 109 christlichen Gotteshäuser des Landes bis auf 7 ein und kontrollierte fortan das kirchliche Leben.

Im sogenannten Modus vivendi (Grundlagenabkommen) von 1964 mit dem Vatikan wurde auf Betreiben Bourguibas auch das Erzbistum Karthago für null und nichtig erklärt und damit auch das Primasamt über Afrika. Die „Territorialprälaten“ von Tunis konnten fortan nur noch Priester weihen, nicht aber Bischöfe; ein Ende für alle erdachten Expansionsbestrebungen. Binnen weniger Jahre verließen Zehntausende Christen das postkoloniale Tunesien.

Kirche in Tunesien

Laut der Verfassung Tunesiens ist der Islam Staatsreligion; es gilt formell jedoch Religionsfreiheit. Mission ist untersagt. Das tunesische Staatsoberhaupt muss Muslim sein. Der rechtliche Status der katholischen Kirche ist klar geregelt: 1964 wurde ein „Modus vivendi“ (Grundlagenvertrag) zwischen dem Vatikan und dem seit der staatlichen Unabhängigkeit 1956 sozialistisch regierten Land geschlossen.

Demnach fielen die allermeisten Kirchengebäude im Land an den Staat; allerdings darf die katholische Kirche ihre Liturgie frei ausüben und ihre Angelegenheiten verwalten. Das Erzbistum Karthago, seit der Antike verbunden mit dem Primas-Titel für ganz Afrika, wurde aufgehoben. Im Zuge der staatlichen Unabhängigkeit verließen Zehntausende ausländische, vor allem französische Christen das Land. Von den heute rund 12,4 Millionen Bewohnern Tunesiens sind derzeit rund 25.000 Katholiken, vor allem aus Schwarzafrika und Europa. Sie werden betreut von jeweils mehreren Dutzend Priestern und Ordensfrauen.

Die frühe Kirche der Antike in Nordafrika war mit der islamischen Eroberung des 7. Jahrhunderts vollständig untergegangen. Die Neuansiedlung im 19. Jahrhundert war unmittelbar mit der Errichtung eines kolonialen französischen „Protektorats“ (1881/83) verbunden. Das 1843 gegründete Vikariat Tunesien wurde 1884 zum Erzbistum Karthago erhoben. In den 1960er Jahren wurde der durch die Kolonialmacht Frankreich protegierte Katholizismus in Nordafrika wieder entscheidend geschrumpft.

1995 erhob Papst Johannes Paul II. die „Territorialprälatur Tunis“ erneut in den Rang eines regulären Bistums – nachdem er 1992 mit dem Jordanier Fouad Twal erstmals einen Araber als Leiter berufen hatte. 1996 besuchte der Papst selbst das diktatorisch regierte Land und forderte die Einhaltung der Menschenrechte ein. Im Mai 2010, einige Monate vor dem Sturz der Ben-Ali-Diktatur, beförderte Benedikt XVI. Tunis wieder zum Erzbistum. Erzbischof ist derzeit der Italiener Ilario Antoniazzi (75).

KNA

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