Trümmer nach Gefechten. Symbolfoto Krieg.
Zum zweiten Mal alle „unsichtbaren“ Krisen in Afrika

Angola führt erneut Liste der vergessenen humanitären Krisen an

Bonn ‐ Das Hilfswerk Care hat am Donnerstag seinen jährlichen Bericht über zehn vergessene humanitäre Krisen vorgestellt. Angola, Sambia und Burundi führen die Rangliste 2023 an.

Erstellt: 11.01.2024
Aktualisiert: 12.01.2024
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Zum zweiten Mal in Folge spielen alle aufgelisteten Krisen auf dem afrikanischen Kontinent ab. „Sie haben eines gemeinsam: Sie sind chronisch und schon lange anhaltend“, sagte Andrea Barschdorf-Hager, Geschäftsführerin der Hilfsorganisation in Österreich. Das Augenmerk von Menschen liege aber immer auf dem Neuen – das sei ein Grund für die wenige Berichterstattung.

Dürren, Überschwemmungen sowie Hunger sorgten dafür, dass in Angola im vergangenen Jahr mehr als sieben Millionen Menschen humanitäre Hilfe benötigten. Das westafrikanische Land landete bereits 2022 auf Platz eins der vergessenen Krisen. Und: „Die weltweite humanitäre Not war noch nie so groß wie 2023“, sagte der Generalsekretär von CARE Deutschland, Karl-Otto Zentel.

Für das neue Jahr erwartet die Hilfsorganisation, dass weltweit 300 Millionen Menschen humanitäre Hilfe benötigen werden; die Hälfte von ihnen in den zehn aufgelisteten Ländern. Nach Angaben von Care hilft mediale Aufmerksamkeit dabei, mehr finanzielle Unterstützung zu gewinnen. Die Hilfsorganisation fordert daher Regierungen auf, dafür zu sorgen, dass Journalisten sicher und unabhängig berichten können. Gleichzeitig beobachtet sie, dass personelle und finanzielle Ressourcen bei den Medien zurückgehen.

Nach Angola folgt auf dem zweiten Platz Sambia, wo 1,35 Millionen Menschen von Hunger betroffen sind. Das Land leidet besonders unter den Folgen des Klimawandels. Ähnliches gilt auch für Platz drei der vergessenen Krisen: In Burundi kämpft die Bevölkerung regelmäßig gegen Überschwemmungen. Fast 70.000 Menschen wurden dadurch vertrieben.

Trauriger Rekordhalter im Ranking ist die Zentralafrikanische Republik. Über die rund drei Millionen Menschen, die hier humanitäre Hilfe benötigen, wird seit sieben Jahren wenig berichtet.

Seit 2016 bringt Care den Bericht der medial unterrepräsentierten Krisenregionen heraus. Analysiert wurden neun Monate lang 5 Millionen Online-Artikel in fünf Sprachräumen über insgesamt 48 Krisen, die mehr als eine Million Menschen betreffen. Daraus wurden jene zehn Krisen mit der geringsten medialen Präsenz ermittelt.

Die zehn vergessenen Krisen

  1. Angola - Dürren, Überschwemmungen sowie Hunger führten in dem westafrikanischen Land dazu, dass 7,3 Millionen Menschen im vergangenen Jahr humanitäre Hilfe benötigten. Nur 28 Prozent der Landbevölkerung hat Zugang zu sauberem Wasser. Zudem gilt Angola durch vergangene Kriege als eins der stärksten verminten Ländern der Erde.

  2. Sambia - In dem Land in Zentralafrika sind 1,35 Millionen Menschen von Hunger betroffen. Mehr als 60 Prozent der Menschen leben von weniger als 1,90 Euro pro Tag. Der Klimawandel führt dazu, dass auf Überflutungen und Hochwasser extreme Temperaturen und monatelange Phasen von Dürre folgen.

  3. Burundi - Der zentralafrikanische Binnenstaat gilt als ärmstes Land der Welt. 5,6 Millionen Kinder leiden an chronischer Unterernährung. Die hohe Inflation lässt die Preise für Grundnahrungsmittel über 40 Prozent steigen.

  4. Senegal - 1,4 Millionen Menschen sind in dem westafrikanischen Land von Ernährungsunsicherheit betroffen. Vor allem während der Trockenzeit steigt die Zahl der Menschen stark an, die unter Hunger oder Mangel- und Unterernährung leiden.

  5. Mauretanien - In dem westafrikanischen Land lebt jeder vierte Mensch in Armut. Etwa 12,5 Prozent der Kinder zwischen fünf und 14 Jahren müssen in der Landwirtschaft arbeiten. 37 Prozent der Frauen sind vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet.

  6. Zentralafrikanische Republik - Hier gibt es die sechsthöchste Kindersterblichkeit weltweit. Nur 55 Prozent der Kinder beenden die Grundschule. Mädchen haben nur eingeschränkten Zugang zu Bildung. Gewalt gegen Frauen ist weit verbreitet.

  7. Kamerun - In dem Land in Zentralafrika benötigt jeder sechste Mensch humanitäre Hilfe. Drei Millionen Menschen sind von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen. Bewaffnete Konflikte destabilisieren das Land.

  8. Burkina Faso - 8,8 Millionen Menschen leben hier unterhalb der Armutsgrenze. Über 800.000 Menschen leben in Gebieten, die von bewaffneten Gruppen kontrolliert werden.

  9. Uganda - In dem ostafrikanischen Binnenland ist der Zugang zu medizinischer Versorgung unsicher; die Müttersterblichkeit liegt bei 284 je 100.000 Lebendgeburten. Klimabedingte Ernteausfälle führen zu Hungersnöten.

  10. Simbabwe - Knapp 8 Millionen Menschen sind in dem südafrikanischen Land von extremer Armut betroffen. Durch mangelhafte hygienische Versorgung ist die Seuchengefahr groß.

KNA

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