Pilger gehen durch eine Buschlandschaft entlang einer Landstraße nach Caacupe (Paraguay) am 4. Dezember 2017. (Aufnahmeort unbekannt)
Taiwan-Frage polarisiert

Präsidentschaftswahlkampf in Paraguay verspricht knappes Ergebnis

Asunción ‐ Weiter so oder Wechselstimmung? In Paraguay liegen die beiden etablierten Lager im Präsidentschaftsrennen laut Umfragen gleich auf. Aber auch eine Überraschung scheint denkbar.

Erstellt: 29.04.2023
Aktualisiert: 28.04.2023
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Von Tobias Käufer (KNA)

Paraguay war in Deutschland zuletzt in den Schlagzeilen, weil sich das südamerikanische Land während der Corona-Pandemie zu einem Sammelbecken für einige hundert deutsche Impfgegner entwickelte. Ansonsten dringen nicht allzu viele Nachrichten aus Asuncion bis nach Europa. Dabei ist Paraguay ein spannendes Land, hätte vor allem für wirtschaftliche Kooperationen viel anzubieten.

Am Sonntag wird in Paraguay gewählt. Im Zentrum des Interesses stehen der Kandidat des Regierungslagers Santiago Pena (44) von der Colorado-Partei, der für ein „Weiter so“ der aktuellen Verhältnisse steht. Und Efrain Alegre (60), der die eher linksgerichtete Opposition repräsentiert und für einen politischen Wechsel stehen würde.

Kirche: Ränder in den Blick nehmen

Die jüngsten Umfragen prophezeien ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden Kandidaten; sogar ein „Unentschieden“ wäre denkbar, was allerdings das Land in eine politische Krise führen würde. Wer am Sonntag die meisten Stimmen erhält, ist gewählt; unabhängig davon, ob es über die 50 Prozent-Marke geht. Den etablierten Kräften in die Suppe spucken könnte Systemkritiker Paraguayo Cubas (61), dem einige einen Überraschungserfolg zutrauen und auf Rang zwei sehen. Cubas kritisierte die etablierten Parteien.

Innenpolitisch stehen Fragen der öffentlichen Sicherheit, Arbeitslosigkeit, die große Spanne zwischen Arm und Reich und die Korruptionsbekämpfung im Mittelpunkt. Die Kirche in Paraguay ließ indirekt durchblicken, dass sie einem Kurswechsel in der Politik nicht abgeneigt gegenübersteht: Ricardo Valenzuela, Bischof aus dem Wallfahrtsort Caacupe, rief dazu auf, bei der Abstimmung „die Guten zu belohnen und die Bösen zu bestrafen“. Die Bischofskonferenz appellierte an die Politik, vor allem die Ränder der Gesellschaft – die Armen und Indigenen, die von der etablierten System immer vernachlässigt wurden – endlich in den Blick zu nehmen.

Traditionell gute Beziehungen nach Taiwan

Die Wahlen haben auch eine internationale Strahlkraft; denn es stehen auch zwei Länder mit auf dem Wahlzettel, die mit dem eigentlichen Urnengang in dem südamerikanischen Land erst mal nichts zu tun haben: Paraguay unterhält traditionell diplomatische Beziehungen zu Taiwan; zählt damit zu den noch rund Dutzend Ländern, die im Machtkampf zwischen Peking und Taipeh der kleinen Insel die Treue halten. Oppositionskandidat Efrain Alegre hat allerdings die Beziehungen Asuncions zu Taiwan in Frage gestellt und stattdessen die Möglichkeit einer Annäherung an Peking ins Spiel gebracht.

Für Taiwan habe die letzte Verbindung zu seinem südamerikanischen Staat sehr große symbolische Bedeutung, sagte Margaret Myers, Direktorin des Asien- und Lateinamerika-Programms beim Inter-American Dialogue, jüngst der BBC. „Wir haben es mit einer so kleinen Gruppe von dauerhaften diplomatischen Verbündeten zu tun, dass es ein großer Schlag wäre, noch mehr zu verlieren, insbesondere nach der Entscheidung von Honduras, dasselbe zu tun.“

Sollte Alegre gewinnen, hätte das Land in Südamerika damit praktisch freie Bahn. In Mittelamerika hatte vor wenigen Wochen Honduras angekündigt, seine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan zu beenden und stattdessen mit Peking zusammenzuarbeiten. Begleitet hatte Tegucigalpa diese Entscheidung mit der Übergabe einer Liste an Investitionswünschen, die die Linksregierung in Honduras den Chinesen zukommen ließ. Santiago Pena, Kandidat des Regierungslagers, will dagegen an der bisherigen Nähe zu Taiwan festhalten.

KNA

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Ähnlich wie bei der Wahl seiner Reiseziele in Europa, wo der Papst bislang bewusst „an die Ränder“ ging, ist auch diesmal die Zusammenstellung keineswegs zufällig. In den drei Ländern Ecuador, Bolivien und Paraguay verdichten sich symbolträchtig die bis heute ungelösten ethnischen, wirtschaftlichen und politischen Probleme Südamerikas. Alle drei haben Erfahrungen mit Kriegen, Putschen und Diktaturen. Verschlossene Eliten, politische Instabilität, Streiks sowie ethnische und geografische Zerrissenheit zwischen den Landesteilen haben mit dazu beigetragen, dass diese Länder arm geblieben sind.