Nach Verhaftungen in Kathedrale

Wie Mexikos Polizei mit Migranten umgeht

Mexiko-Stadt ‐ Die Vorfälle in der Kathedrale von Ciudad Juarez offenbaren, mit welcher Härte Sicherheitskräfte inzwischen gegen Migranten vorgehen. Ein neuer „Flüchtlingstreck“ ist derweil unterwegs Richtung US-Grenze.

Erstellt: 15.03.2023
Aktualisiert: 16.03.2023
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Von Tobias Käufer (KNA)

Plötzlich ging alles ganz schnell: Bewaffnete Sicherheitskräfte drangen vergangene Woche in die Kathedrale von Ciudad Juarez ein. Ihr Ziel: die dort Schutz suchenden Migranten. In wenigen Minuten waren sie umstellt, das Kirchenasyl gebrochen.

Die Reaktion der Mexikanischen Bischofskonferenz folgte prompt. Sie verurteilte das Vorgehen der lokalen Polizeibehörden: „Es wurde Gewalt angewendet und die physische und psychische Integrität der Menschen verletzt“, schrieben der Bischöfe. Mehrere Personen seien angegriffen und mindestens ein Migrant verletzt worden. Augenzeugen berichteten, die Polizei in Ciudad Juarez versuche immer wieder, Migranten Geld und Wertgegenstände abzunehmen.

Der Priester Javier Calvillo, Direktor der lokalen Flüchtlingsunterkunft „Casa del Migrante“, sagte mexikanischen Medien: „Die Behörden haben einen humanitären Raum betreten, ohne dafür im Besitz eines Schreibens des Nationalen Migrationsinstituts zu sein.“ Ein solches Schreiben müsse aber die Gründe für den Zugang erläutern. Dies sei „ein kritischer Zwischenfall“, so Calvillo.

Stadtverwaltung im Visier

Ciudad Juarez ist einer der Brennpunkte der Migrationsbewegung aus Lateinamerika in Richtung USA. Die nordmexikanische Grenzstadt liegt gegenüber der texanischen Großstadt El Paso. Fast täglich versuchen hier Menschen, irgendwie über die Grenze der USA zu gelangen. Legal und illegal.

Ins Visier der Kritik gerät nun die Stadtverwaltung von Ciudad Juarez. Sie habe versäumt, „angemessene Pläne und Strategien für die Betreuung“ von Migranten zu entwickeln, kritisiert die Kirche. Das führe zu Menschenrechtsverletzungen bei jenen, die auf einen Termin zur Legalisierung ihrer Lage in Mexiko oder auf Einreise in die USA warteten. Die Bischofskonferenz weise diese Art von Vorfällen zurück, „bei denen willkürlich und ohne Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften gehandelt und Menschenrechte verletzt werden“, schreiben die mexikanischen Bischöfe weiter und kündigen offizielle Beschwerden an.

Die Kirche in Mexiko ist eine von wenigen Institutionen, die seit Jahren dauerhaft die Anliegen der Migranten unterstützen. Entlang der Fluchtrouten gibt es kirchliche Herbergen, die Schutz, Schlaf- und Waschgelegenheit und eine warme Mahlzeit garantieren. Zwischen der Kirche und Mexikos Präsidenten Andres Manuel Lopez Obrador gab es in der Vergangenheit immer wieder Diskussionen über den richtigen Ansatz in der Migrationspolitik. Lopez Obrador hatte im Wahlkampf 2018 eine humanitäre Flüchtlingspolitik versprochen; inzwischen geht auch seine Regierung rigoros gegen Migranten vor.

Treck auf dem Weg nach Norden

Zuletzt häuften sich Meldungen über Menschenrechtsverletzungen durch mexikanische Sicherheitskräfte. Die von Lopez Obrador gegründete Nationalgarde steht inzwischen ebenfalls in Verdacht, von Migranten Schutzgelder zu erpressen oder eine Art „Wegezoll“ für die Weiterreise Richtung Norden zu verlangen. Migranten bestätigten dies der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Unterdessen meldet das Portal „Aristigui Noticias“: „Eine neue Karawane von etwa 1.000 Migranten hat Tapachula im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas am frühen Samstagmorgen verlassen.“ Ohne Geld, ohne Papiere und mit der Gefahr, verhaftet und abgeschoben zu werden, hätten sich Hunderte Migranten aus Ecuador, Venezuela, Honduras, Guatemala, Salvador, Kolumbien und Nicaragua entschieden, sich einem weiteren Treck anzuschließen, der bereits Ende Februar in Richtung USA aufgebrochen war.

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