Nach Vandalismus auf Friedhof in Jerusalem wird nach den Tätern gesucht
Jerusalem ‐ Unbekannte haben rund 30 Gräber auf dem protestantischen Friedhof in Jerusalem geschändet. Nicht zum ersten Mal wurde die historische Stätte zum Ziel von Vandalismus. Der anglikanische Erzbischof fordert Reaktionen.
Aktualisiert: 04.01.2023
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In Jerusalem ist einmal mehr eine christliche Stätte Ziel von Vandalismus geworden. Sicherheitskameras zeichneten auf, wie zwei mit Kippa und dem traditionellen Tallit Katan gekleidete Männer am Nachmittag des 1. Januar Grabsteine und Kreuze auf dem historischen protestantischen Friedhof auf dem Zionsberg zerstörten. Gegen die Täter müsse hart vorgegangen werden, forderte der anglikanische Erzbischof von Jerusalem, Husam Elias Naoum, am Mittwoch bei einer Ortsbegehung. Die Strafverfolgung müsse anderen eine Lehre sein, dass Hassverbrechen gegen religiöse Stätten nicht auf die leichte Schulter genommen werden.
Bereits 2013 wurden 32 Gräber des Friedhofs am Südwesthang der Jerusalemer Altstadt zerstört. Bis heute erinnern Kitstellen an reparierten Kreuzen und Grabsteinen an die Tat. Die Täter wurden laut dem Erzbischof nie zur Rechenschaft gezogen. Zwar gab es Festnahmen, die Verdächtigen wurden jedoch nach wenigen Tagen wieder entlassen. Diesmal, hofft der Anglikaner, werden die Kamerabilder der Polizei eine Hilfe sein.
Naoum, dessen Kirche sich den Friedhof mit der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde Jerusalems teilt, zeigte sich schockiert vom Ausmaß der Schäden. „Erneut wurden mehr als 30 Grabsteine und Kreuze in Stücke zerschlagen. Die Aufzeichnungen zeigen mindestens zwei jüdische Extremisten“, so der Erzbischof.
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Nur selten werden die Täter zur Rechenschaft gezogen
Die Täter seien mit großer Gewalt vorgegangen, sagt auch Yisca Harani. Die jüdische Israelin ist Trägerin des von der deutschsprachigen Benediktinerabtei Dormitio in Jerusalem mitverliehenen Dialogpreises „Mount Zion Award“ (2013). Sie ist langjährige Beraterin mehrerer israelischer Ministerien in Fragen des Christentums und engagiert sich in zahlreichen Dialogprojekten von Juden und arabischen Christen im Land. „Die Täter haben mit Felsbrocken auf Grabsteine und Kreuze eingeschlagen. Ein Grabstein wurde über die Außenmauer des Friedhofs geworfen.“
Der Jerusalemer Zionsberg hat als Bestattungsort eine lange Tradition. Juden, Muslime und christliche Konfessionen teilen sich posthum die heilige Erde. Auf Haranis Initiative entstand 2017 das Projekt www.graves.mountzion.org.il, das in vier Sprachen über fünf Friedhöfe des Zions informiert. Auch der protestantische Friedhof gehört dazu.
Immer wieder machte der Zion negative Schlagzeilen, wenn sich radikale Gewalt gegen Gräber oder auf religiöse Stätten wie etwa die Benediktinerabtei Dormitio entlädt. Für die auch als „Price Tag“ (Preisschild) bezeichneten Akte werden israelische Extremisten aus Siedlerkreisen verantwortlich gemacht. Nur selten werden sie zur Rechenschaft gezogen. Wie schon 2013 ruft Harani auch diesmal die jüdische Öffentlichkeit zu Solidaritätsbesuchen auf dem geschändeten Friedhof und zur Hilfe bei der Reparatur der Schäden auf.
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Direkte Konflikte mit jüdischen Siedlern gibt es auf dem Zion kaum
Zu den beim jüngsten Gewaltakt beschädigten Gräbern zählt jenes des zweiten anglikanischen Bischofs von Jerusalem, Samuel Gobat, der 1848 das Land für den Friedhof erwarb. „Es handelt sich um einen historischen Friedhof mit Gräbern von Wissenschaftlern, Politikern, Menschen aus der Armee, Klerikern und Bischöfen sowie anderer bedeutender Personen, die zur Geschichte Jerusalems und dem Leben der Menschen darin beigetragen haben.
Die Umfassung des Grundstücks ist an ihrer Ostseite zu niedrig, um ein unbefugtes Eindringen effektiv zu verhindern. In die Mauern eingelassene Metallpfosten zeugen vom Versuch der Kirchen, einen zusätzlichen Zaun zu errichten. „Aber wir gerieten zwischen die Fronten der Antikenbehörde und der Stadtverwaltung „, erklärt Naoum. Streitigkeiten über Bauvorschriften und Standards haben den zusätzlichen Schutz bis heute verhindert. So oder so: „Zäune und Kameras lösen das Problem nicht“, sagt Erzbischof Naoum. Vielmehr gelte es, „zu den Herzen der Menschen auf dem Zionsberg zu sprechen, wie wir ohne Hass und in Akzeptanz des Anderen in Frieden und Harmonie leben können“.
Direkte Konflikte zwischen den Friedhofsbesitzern und jüdischen Siedlern auf dem Zion gibt es nach Worten Naoums nicht. „Wir haben allerdings eine Zunahme an Hassrede und Hassverbrechen festgestellt. Dies ist ein Hinweis darauf, dass wir nicht an einem Ort sind, an dem Menschen einander tolerieren oder akzeptieren. Wir sehen mehr und mehr Aus- und Abgrenzung, was uns betrübt.“ Jerusalem sei eine Stadt des Friedens und der heiligen Stätten. Dieses „leuchtende Vorbild der Hoffnung“, so der Erzbischof, gelte es zu erhalten. KNA