Einsätze jetzt auch an Nebenflüssen

Bald drei Krankenhausschiffe im brasilianischen Amazonasgebiet unterwegs

Rio de Janeiro ‐ Im riesigen Amazonasgebiet Brasiliens ist die Gesundheitsversorgung eine große Herausforderung. Seit einigen Jahren setzt das Bistum Óbidos im Bundesstaat Para daher auf auf mobile Gesundheitsstationen.

Erstellt: 13.12.2022
Aktualisiert: 13.12.2022
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Es ist eine Erfolgsgeschichte der besonderen Art. Seit drei Jahren fährt das Krankenhausschiff „Papa Francisco“ (Papst Franziskus) über den mächtigen Amazonasfluss, um die dortige Bevölkerung ärztlich zu versorgen. Mehr als 300.000 Behandlungen konnten seitdem durchgeführt werden, berichtet Bischof Bernard Johannes Bahlmann stolz. „Dabei konnte das Schiff während der Pandemie nicht uneingeschränkt seine normalen Routen abfahren“, sagt der Deutsche. Man habe sich oft auf Notfalleinsätze beschränken müssen.

Der Bischof von Óbidos kann somit eine „sehr, sehr positive“ Bilanz ziehen. Man habe das Einsatzgebiet des Schiffes nun sogar auf den Rio Tapajos und den Rio Xingu hin ausgeweitet, zwei gigantische, in den Amazonas mündende Flüsse. Von Óbidos bis nach Altamira am Rio Xingu muss das Schiff rund 1.000 Kilometer zurücklegen, an denen Hunderte kleiner Uferdörfer liegen.

„Für die gesamte Region ist das sehr positiv, weil viele Patienten nun nicht mehr nach Santarem gebracht werden müssen, also weite Wege auf sich nehmen müssen.“ Santarem am Amazonas verfügt über Krankenhäuser. Doch besonders für arme Patienten sind die weiten Wege im Amazonas oft auch finanziell nicht zu meistern. In seinem Bistum Óbidos lebt die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze, „20 Prozent gar in extremer Armut“, so Bahlmann. „Und wer in Armut lebt, ist dann auch viel anfälliger für Krankheiten. Da besteht ein direkter Zusammenhang.“

Bischof Bernardo Bahlmann mit der Besatzung des Krankenhausschiffes Papst Franziskus. Rechts: Sr. Ruth Rottbeck
Bild: © Florian Kopp/Adveniat

Bischof Bernardo Bahlmann mit der Besatzung des Krankenhausschiffes Papst Franziskus. Rechts: Sr. Ruth Rottbeck

Um die Versorgung weiter zu verbessern, läuft derzeit der Ausbau von zwei weiteren Krankenhausschiffen. Die „Papa Joao Paulo II.“ (Papst Johannes Paul II.) soll im Februar in Dienst gestellt werden und dann die „Papa Francisco“ bei ihren Einsätzen begleiten. „Dieses zweite Schiff gibt uns dann die Möglichkeit, mit mehr Personal unterwegs zu sein,“ sagt Bischof Bahlmann. Zudem habe man damit mehr Behandlungszimmer zur Verfügung.

Ebenfalls Anfang 2023 soll ein drittes Krankenhausschiff in Dienst gestellt werden, die „Johannes XXIII.“. Sie soll die Bewohner entlang des Amazonas weiter westlich in der Region Manaus versorgen. Als Versorgungsstützpunkt wird dabei die mitten im Fluss gelegene Insel Parintins dienen, rund 200 Kilometer westlich von Óbidos. Dort haben die für den Einsatz der Schiffe verantwortlichen Franziskaner bereits das örtliche Krankenhaus übernommen.

Der Ausbau der Flotte entlastet gleichzeitig die wenigen Krankenhäuser an Land. Bereits durch den Einsatz des ersten Schiffes habe es positive Effekte gegeben, sagt Bahlmann. „Der Stau von Patienten konnte dadurch abgebaut werden; viele Langzeitkranke konnten endlich behandelt werden.“

Unterstützung beim Aufbau der Krankenhausflotte kommt auch aus Deutschland. Unter anderem hilft Adveniat, das Lateinamerika-Hilfswerk der katholischen Kirche. In diesem Jahr steht bei Adveniat die Gesundheitsversorgung in Lateinamerika im Fokus. Unter dem Motto „Gesundsein Fördern“ wird in der aktuellen Weihnachtsaktion Geld für die Unterstützung von Projekten gesammelt.

In der riesigen Amazonasregion mit seinem rund 25 Millionen Bewohnern sind solche Hilfsprojekte besonders nötig. Denn die Corona-Pandemie habe der Region „ziemlich zugesetzt“, so Bischof Bahlmann. Noch immer litten viele Menschen unter den Folgen von Long-Covid. Aber auch wirtschaftlich ging es ans Eingemachte. Viele verloren ihre Arbeit. Immerhin: Es sei positiv, dass die Pandemie das Augenmerk auf die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung gelenkt habe.

Zwar verfügt Brasilien mit dem „Sistema Unico de Saude“, kurz SUS genannt, über ein in Lateinamerika vergleichsweise gutes öffentliches Gesundheitssystem. Selbst in entlegenen Urwaldorten soll damit Grundversorgung erfolgen. Doch die tiefe Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre hat zu einem Investitionsstau geführt. Zudem wurden die Gebührensätze zur Vergütung der Behandlungen seit 20 Jahren nicht mehr angepasst. „Die Regierung kommt mit dem Bezahlen und der Anpassung von Dienstleistungen nicht hinterher“, so Bischof Bahlmann.

Von Thomas Milz

KNA