Sportbischof: Reformkräfte in Katar auch nach WM unterstützen
Bonn ‐ Er wolle „kein schlechtes Gewissen einreden“, wenn Fans vor Ort oder in den Medien die WM verfolgten, erklärte der Sportbischof der Bischofskonferenz, Stefan Oster, am Donnerstag in Bonn.
Aktualisiert: 17.11.2022
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Die katholischen Bischöfe in Deutschland haben zu einem ehrlichen Umgang mit der Fußball-WM in Katar aufgerufen. Er wolle „kein schlechtes Gewissen einreden“, wenn Fans vor Ort oder in den Medien die WM verfolgten, erklärte der Sportbischof der Bischofskonferenz, Stefan Oster, am Donnerstag in Bonn. Freude am Sport, auch an weltweiten Mega-Events, habe ihr eigenes Recht, auch wenn sie durch die extreme Kommerzialisierung gerade des Fußballs getrübt sein möge. „Aber es wäre auch unangemessen, die eingeschränkten Menschenrechte zu verschweigen.“ Das Emirat habe sich für die Weltmeisterschaft 2022 beworben, um seine internationale Bedeutung zu unterstreichen und an Reputation zu gewinnen. So sei es nur angemessen, dass in diesen Tagen der Scheinwerfer der Öffentlichkeit auf das Land gerichtet sei und auch die problematischen Aspekte ausgeleuchtet würden, so Oster. Die Reformkräfte in dem Land müssten auch nach dem Turnier unterstützt werden.
Der Passauer Bischof erinnerte an die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitsmigranten, von weiblichen Hausangestellten, nichtislamischen Religionsangehörigen und sexuellen Minderheiten in Katar. Den Angaben zufolge sind 88 Prozent der Wohnbevölkerung des Landes Ausländer mit wenigen Rechten, die einem strengen Reglement unterliegen und in einem starken Abhängigkeitsverhältnis gegenüber ihren Arbeitgebern stehen. Zwar hat sich die Situation im Verlauf der Vorbereitungen verbessert, dennoch kam es beim Bau der Stadien zu vielen Unfällen mit Todesfolge. „Die vielen Toten und Verletzten bleiben die dunkle Unterseite einer monumentalen Bauleistung, die angesichts des Glanzes der fertiggestellten Arenen nicht in Vergessenheit geraten darf.“
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Gleichzeitig warnte der Sportbischof davor, bei der Kritik moralisch überheblich aufzutreten. In Katar lebten „eine konservativ-traditionelle islamische Gesellschaft und eine wirtschaftliche Hypermoderne miteinander“. Es wäre ungerecht, so Oster, „bei der notwendigen Kritik an fragwürdigen Zuständen diese besondere Situation auszublenden“. Daneben hob er die schwierige Menschenrechtslage in dem Wüstenstaat hervor. „Frauen sind in Katar weiterhin zurückgesetzt. Nicht islamischen Religionen, auch das Christentum, die unter den Arbeitsmigranten stark vertreten sind, wird Freiheit nur in eingeschränktem Maße zugebilligt. Sexuelle Minderheiten unterliegen strafrechtlicher Verfolgung.“ All dies sei – nicht nur in westlicher Sicht – Ausdruck einer repressiven Staats- und Gesellschaftsordnung, die sich nur langsam verändere.
Oster rief deutsche Fans in Katar dazu auf, beispielsweise Hotelangestellten und Taxifahrern angemessen gegenüberzutreten. Zudem plädierte er dafür, die Reformkräfte in Katar auch nach der WM weiter zu unterstützen. Es sei angemessen, „dass in diesen Tagen der Scheinwerfer der Öffentlichkeit auf das Land gerichtet wird und auch die problematischen Aspekte ausgeleuchtet werden“. Es bleibe aber „Aufgabe der internationalen Gemeinschaft, auch nach der Beendigung der WM in Katar die Reformkräfte im Land weiter zu unterstützen und in der Aufmerksamkeit für die Menschenrechte nicht nachzulassen“.
dr/weltkirche.de/dbk/kna