Autos warten an der EU-Außengrenze in Ungarn
Renovabis-Chef fordert EU-Visafreiheit für Kosovaren

„Die Europäische Union muss zu ihren Zusagen stehen“

Freising ‐ Derzeit entscheidet sich, ob Menschen aus dem Kosovo in Zukunft visafrei in die Europäische Union einreisen dürfen. Renovabis-Hauptgeschäftsführer Schwartz, hält das für „überfällig“.

Erstellt: 17.11.2022
Aktualisiert: 17.11.2022
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Derzeit entscheidet sich, ob in absehbarer Zeit das visafreie Reisen von Bürgerinnen und Bürgern des Kosovo in die Europäi­sche Union möglich wird. Für den Hauptgeschäftsführer des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis, Professor Thomas Schwartz, ist die Einführung des visafreien Personenverkehrs für den Kosovo „überfällig“. Bei dieser Entscheidung gehe es auch um die Glaub­würdigkeit der EU auf dem Westbalkan. „Die Europäische Union muss sich als verlässlicher Partner für die Länder des westlichen Balkans zeigen und dieser Region eine echte Beitritts-Perspektive bieten“, fordert der Renovabis-Chef. Sonst drohe weitere Instabi­lität und die Zunahme des Einflusses anderer Mächte.

Wie das Hilfswerk berichtet, erfüllt der Kosovo schon seit 2018 alle Voraussetzungen für den visafreien Personenverkehr, weswegen auch die EU-Kommission dessen Einführung empfiehlt. Einzelne EU-Staaten blockierten die Umsetzung jedoch seit Jahren. Jüngst seien neue Bedingungen formuliert worden. Dies hält Schwartz für ein Unding. Zusagen würden nicht eingehalten und neue Forderungen nachgeschoben: „Darin zeigt sich eine gewisse Überheblichkeit west­licher Regierungen gegenüber dem jüngsten Staat Europas und seinen Bürgern“, so Schwartz.

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Dadurch verlören die EU und ihre Werte bei den Menschen im Kosovo zunehmend an Ansehen, warnte der Renovabis-Chef. „Damit im Kosovo und auf dem Westbalkan die Demokratie und auch die solidarische Zusammenarbeit unter Volksgruppen und zwischen Staaten gefestigt werden, braucht diese Region von der EU viel Aufmerksamkeit, Verlässlichkeit und vor allem eine Perspektive.“

Die aktuelle tschechische EU-Ratspräsidentschaft schenkt dieser Region Europas besondere Aufmerksamkeit. So erklärte sie die Einführung der Visafreiheit für den Kosovo zu einer Priorität und möchte bis Ende des Jahres eine Entscheidung erreichen. „Die Perspektive der östlichen EU-Mitgliedstaaten muss mehr Gehör in der EU finden“, wünscht sich Schwartz. Aus eigener Erfahrungen wüssten diese nämlich, mit welchen Herausforderungen und auch Gefahren eine grundlegende Trans­formation verbunden ist und welche Unterstützung es brauche. „Hätten wir in den letzten Jahren im Westen die Erfahrungen der östlichen EU-Länder mehr wahr- und ernstgenommen, sähe die Situation in Europa heute anders aus“, gibt sich der Renovabis-Chef mit Blick auf die Rolle Russlands und den Angriff auf die Ukraine nachdenklich.

Zwei Prozent Katholiken

Die Mehrheit der Kosovo-Albaner sind sunnitische Muslime, die meisten Serben gehören der serbisch-orthodoxen Kirche an. Schätzungsweise zwei Prozent der albanischen Kosovaren bekennen sich zum römisch-katholischen Glauben. Nachdem der Kosovo unter Verwaltung der Vereinten Nationen gestellt worden war, hatte Papst Johannes Paul II. dort im Jahr 2000 eine eigene Apostolische Administration errichtet; diese wurde 2018 von Papst Franziskus in den Rang einer Diözese mit dem Namen Prizren-Pristina erhoben. In der Diözese werden 65.000 Gläubigen von rund 60 Priester in 24 Pfarreien betreut.

dr/weltkirche.de/renovabis