„Die Angst vor einer russischen Invasion ist groß“
Nach einem mehrtätigen Besuch in Litauen ist der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Bertram Meier, heute nach Deutschland zurückgekehrt. In dem baltischen Staat hatte er neben Kirchenvertretern auch Soldaten der Bundeswehr getroffen.
Aktualisiert: 20.10.2022
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Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Bertram Meier (Augsburg), ist heute (20. Oktober 2022) von einer dreitägigen Reise nach Litauen zurückgekehrt. In Litauen traf Bischof Meier sowohl Vertreter der katholischen Kirche als auch Soldatinnen und Soldaten, die im Rahmen des deutschen Kontingents der enhanced Forward Presence-Kampfgruppen (eFP-Battlegroup) der NATO in Litauen eingesetzt sind. In Erinnerung an die jüdische Vergangenheit der litauischen Hauptstadt Vilnius, die durch den nationalsozialistischen Terror fast ausgelöscht wurde, gedachte Bischof Meier in der letzten noch existierenden Synagoge der Stadt der Opfer des Holocaust und informierte sich über die jüdische Geschichte der einstmals „Jerusalem des Nordens“ genannten Stadt.
Angst sitzt tief
In einem ausführlichen Gespräch schilderten einige litauische Bischöfe, darunter der Erzbischof von Vilnius, Gintaras Linas Grušas, zugleich Vorsitzender der Litauischen Bischofskonferenz und der Konferenz der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE), die kirchliche und politische Situation in Litauen, die von der besonderen Beziehung zu Russland geprägt ist. Alle Gesprächspartner betonten die starke Verbindung Litauens zu Mitteleuropa. Die historischen Verbindungen zu den westlichen Nachbarn seien sehr viel prägender für die Menschen in Litauen als die Zeiten im russischen Reich oder in der Sowjetunion.
„Die Angst vor einer russischen Invasion ist groß und sitzt tief bei den Menschen in Litauen. In dieser Situation sind die Gelassenheit und das Gottvertrauen der Litauer bewundernswert“, betont Bischof Meier. „Beeindruckend sind auch die gelebte und leidenschaftliche Solidarität und der Einsatz für die Ukraine.“ Der Krieg in der Ukraine und die Sorgen der litauischen Bevölkerung standen im Mittelpunkt eines Besuchs in Rukla, dem Standort der NATO-Einheit. Sowohl die deutschen Soldatinnen und Soldaten als auch Mitglieder der katholischen Gemeinde von Rukla betonten die Notwendigkeit einer NATO-Präsenz in Litauen. Beide Seiten lobten auch die gute Zusammenarbeit vor Ort.
Thema war außerdem die Synodale Prozess der Weltkirche. Auch die Katholiken in Litauen beteiligen sich daran. „Wir haben viele Gemeinsamkeiten in den binnenkirchlichen Diskussionen festgestellt. Auch die Litauer beschäftigen sich mit der Zukunft der Gemeinden und einer stärkeren Einbindung der Laien ins kirchliche Leben. Bei einer Scheidungsrate von fast 50 Prozent werden Lösungen für eine wertschätzende Pastoral für Geschiedene gesucht und es wird um den Umgang mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften gerungen“, fasst der Vorsitzende der Kommission Weltkirche Gespräche im Familienzentrum des Erzbistums Vilnius und mit Bischöfen zusammen. Dennoch gebe es auch andere Schwerpunktsetzungen und Skepsis gegenüber einigen Themen aus den synodalen Prozessen, wie die Rolle des Klerus.
Das vielfältige Bild einer lebendigen Kirche im synodalen Prozess bestätigte auch der Apostolische Nuntius für das Baltikum, Erzbischof Petar Antun Rajič. Bischof Meier: „Wir sind uns aber darüber einig, dass die katholische Kirche an Haupt und Gliedern einer geistlichen Reform bedarf. Dafür ist eine pastorale Umkehr nötig.“ Im weltkirchlichen Dialog werde es darum gehen, Unterschiede weniger als Bedrohungen der eigenen Identität zu sehen als vielmehr als Bereicherung zu werten, die den Reichtum der katholischen Kirche ausmache.
Land mit katholischer Prägung
Litauen ist unter den baltischen Ländern das einzige mit einer starken katholischen Prägung, bedingt auch durch seine gemeinsame Geschichte mit Polen. Die katholische Kirche überstand die Verfolgung im Kommunismus, die erst mit der wiedergewonnenen staatlichen Unabhängigkeit Litauens im Jahr 1991 endete. Seither blüht das Glaubensleben auf.
DBK