Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), spricht während der Pressekonferenz zum Abschluss der Herbstvollversammlung der DBK am 29. September 2022 in Fulda.
Herbstvollversammlung in Fulda

Deutsche Bischöfe unterstützen militärische Hilfe für Ukraine

Die katholischen Bischöfe in Deutschland stehen weiter hinter einer – auch militärischen – Unterstützung der Ukraine. „Wenn ein eklatanter Bruch des Völkerrechts mit einem militärischen Sieg belohnt würde, hätte dies langfristig fatale Folgen“, erklärte die Deutsche Bischofskonferenz am Donnerstag in Fulda zum Abschluss ihrer Herbstvollversammlung. „Es geht um eine freie Ukraine in einem friedlichen Europa.“

Erstellt: 30.09.2022
Aktualisiert: 30.09.2022
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Auf der einen Seite stehe für Christen das Ideal der Gewaltfreiheit, betonten die Bischöfe. Auf der anderen Seite kenne die katholische Friedenslehre aber auch das Recht auf Selbstverteidigung.

Vorrangige Aufgabe der Kirche sei es, die Not der vom Krieg heimgesuchten Menschen zu lindern. „Es gibt hier ein intensives Engagement der Diözesen, Hilfswerke und weiterer kirchlicher Organisationen aus Deutschland - sowohl in der Ukraine und ihren Nachbarstaaten“, betonte der Konferenzvorsitzende, Bischof Georg Bätzing.

Er dankte den „Tausenden von Haupt- und Ehrenamtlichen aus dem Raum der Kirche“, die sich für die Anliegen der Geflüchteten einsetzten. Dabei könne die Kirche auf die 2015/2016 aufgebauten Strukturen ihrer Flüchtlingshilfe zurückgreifen. Vieles geschehe auch in gutem ökumenischen und zivilgesellschaftlichen Miteinander.

Bätzing betonte, um diese Unterstützung durchzuhalten und die Belastungen zu schultern, brauche es starke Solidarität in der deutschen Gesellschaft. „Die Zusagen des Sozialstaats müssen durchgesetzt und eingehalten werden.“ Das Augenmerk sollte dabei dem unteren Rand der Gesellschaft und der unteren Mittelschicht gelten. „Grundsicherung, Wohngeld und Kinderzuschlag sind zentrale Elemente, um soziale Härten abzufedern.“

Von KNA

Die Erklärung im Wortlaut

Zur Situation in der Ukraine

Als wir im März 2022 zur Frühjahrs-Vollversammlung zusammengekommen sind, war der russische Angriff auf die gesamte Ukraine erst zwei Wochen alt. Die Erklärung, die wir Bischöfe seinerzeit verabschiedeten, gilt auch heute noch: „Der Aggression widerstehen, den Frieden gewinnen, die Opfer unterstützen“. Was viele von uns lange für unvorstellbar hielten, ist in den vergangenen Monaten traurige Gewissheit geworden: Russland zielt mit seinem brutalen Angriffskrieg darauf ab, die staatliche Souveränität und kulturelle Identität der Ukraine zu zerstören. Der Krieg hat tiefe Wunden geschlagen. Zehntausende haben ihr Leben verloren, Millionen von Menschen mussten ihre Heimat verlassen. Ein Ende der russischen Aggression ist bislang nicht in Sicht.

Die christliche Friedensethik orientiert sich am Leitbild der Vermeidung und Überwindung von Gewalt. Daher ist die Frage der Lieferung schwerer Waffen in ein Kriegsgebiet alles andere als trivial. Auf der einen Seite steht das Ideal der Gewaltfreiheit; auf der anderen Seite kennt die katholische Friedenslehre aber auch das Recht auf Selbstverteidigung. Hinzu kommt: Wenn ein eklatanter Bruch des Völkerrechts mit einem militärischen Sieg belohnt würde, hätte dies langfristig fatale Folgen. So wie die Dinge derzeit stehen, muss die Ukraine weiter in ihrem Abwehrkampf unterstützt werden. Es geht um eine freie Ukraine in einem friedlichen Europa.

Vorrangige Aufgabe der Kirche ist es, die Not der vom Krieg heimgesuchten Menschen zu lindern. Es gibt hier ein intensives Engagement der Diözesen, Hilfswerke und weiterer kirchlicher Organisationen aus Deutschland – sowohl in der Ukraine und ihren Nachbarstaaten als auch bei uns im Inland. Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche, Bischof Dr. Bertram Meier, und der Vorsitzende der Migrationskommission, Erzbischof Dr. Stefan Heße, haben Solidaritätsreisen in die Ukraine unternommen. Und wenn wir uns hier zur Vollversammlung treffen, ist mit Bischof Dr. Bohdan Dzyurakh CSsR auch ein ukrainischer Mitbruder unter uns. Auf unterschiedlichen Ebenen besteht ein enger und kontinuierlicher Kontakt mit kirchlichen Partnern in der Ukraine.

Wie schon in früheren Jahren setzen sich Tausende von Haupt- und Ehrenamtlichen aus dem Raum der Kirche für die Anliegen der Geflüchteten ein: damit sie eine menschenwürdige Aufnahme finden, seelsorgliche Begleitung erfahren, die Schrecken des Krieges hinter sich lassen können und in Deutschland auf dem Weg zu echter Teilhabe unterstützt werden. Dabei können wir auf die 2015/2016 aufgebauten Strukturen der katholischen Flüchtlingshilfe zurückgreifen. Zudem bilden sich auch zahlreiche neue Initiativen gelebter Nächstenliebe. Vielerorts geschieht dies in einem guten ökumenischen und zivilgesellschaftlichen Miteinander. Die Botschaft ist klar: Die katholische Kirche in Deutschland steht an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer.

Ich möchte noch einmal betonen: Es ist absolut geboten, die Ukraine bei der Verteidigung ihres Landes, ihrer Unabhängigkeit, auch bei der Verteidigung der europäischen Sicherheitsarchitektur und Werte weiterhin und langfristig zu unterstützen. Um diese Unterstützung durchzuhalten und die Belastungen zu schultern, braucht es starke Solidarität auch in unserer Gesellschaft. Die Zusagen des Sozialstaats müssen durchgesetzt und eingehalten werden. Unser Augenmerk sollte dabei ganz besonders dem unteren Rand der Gesellschaft und der unteren Mittelschicht gelten. Grundsicherung, Wohngeld und Kinderzuschlag sind zentrale Elemente, um soziale Härten abzufedern.

(DBK)