Eine Menschenmenge trägt drei Kreuze mit lebensgroßen Figuren
Reisetagebuch

Ostern in Kumbo

Kamerun ‐ Ende März 2016 brach eine Reisegruppe aus dem Bistum Limburg zu einer Begegnungsreise in das Partnerbistum Kumbo in Kamerun auf. Für die Limburger ein ganz besonderes Highlight: die Karfreitagsliturgie und die Osterfeierlichkeiten in Afrika mitzuerleben. Lesen Sie hier ihr Reisetagebuch.

Erstellt: 19.04.2016
Aktualisiert: 19.07.2022
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Ende März 2016 brach eine Reisegruppe aus dem Bistum Limburg zu einer Begegnungsreise in das Partnerbistum Kumbo in Kamerun auf. Für die Limburger ein ganz besonderes Highlight: die Karfreitagsliturgie und die Osterfeierlichkeiten in Afrika mitzuerleben. Lesen Sie hier ihr Reisetagebuch.

Menschen aus Kumbo sprechen mit den Besuchenden aus Limburg
Bild: © Bistum Limburg
Reisetagebuch aus Kumbo

The one who brings Kola-Nut brings life

Für uns schmecken sie unglaublich bitter. Sie sind schön rosafarben und sehen irgendwie freundlich aus. Bricht man die Kolanuss, leuchtet der Innenteil der Nüsse geradezu pink. Hier in der Region um Kumbo stehen zahlreiche Kolanussbäume. Bei verschiedenen Gelegenheiten haben wir die Nüsse nun geschenkt bekommen und sie erstmal entgegen genommen – ohne sie zu essen.

Faszinierend ist die Geschichte hinter der Nuss, der Bedeutungshorizont, der dieser Frucht in der hiesigen Kultur zugeschrieben wird. In Tabenken, einer der Partnergemeinden, hat uns der Priester erklärt: Die Kolanuss ist ein Zeichen des Friedens und des Lebens, ein Geschenk der Natur an die Menschen. Man sagt auch „Wer Kolanüsse bringt, bringt Leben“. Wenn zwei streitende Parteien zusammenkommen und eine Kolanuss teilen/brechen, dann gilt der Streit als beigelegt. Wenn wir also Kolanüsse geschenkt bekommen, dann will man uns damit Leben und Frieden schenken. Es ist immer wieder spannend zu erleben, wie sich Kulturen begegnen: Wir schenken Pax Christi Friedenskerzen. Die Menschen hier schenken uns Kolanüsse. Frieden wünschen sich alle.

Wasser bringt Leben

Vor einigen Tagen haben wir das kleine Dorf Lang in der Gemeinde Oku besucht. Wir waren dort, um uns das Wasserprojekt anzuschauen, das die Bewohner der Gegend mit sauberem Trinkwasser versorgt. Umgesetzt vom Caritas-Büro der Diözese Kumbo und gefördert von Misereor und dem Bistum Limburg, werden die Menschen hier an die Wasserversorgung angeschlossen. Das führt im Endeffekt zu niedrigeren Krankheitsraten, wesentlich weniger Arbeit für Frauen und Kinder (die zuvor das Wasser in Kanistern von der nahe gelegensten Wasserstelle zum Haus tragen mussten), vereinfachten Bedingungen für den Anbau von Gemüse und Mais und noch einiges mehr. Wir schauten uns also das Wassereinfanggebiet an, kletterten teils steile Felder hinab, um das Auffangbecken und das Verteilsystem zu begutachten und erreichten schließlich weiter unten im Tal auch die Zapfstationen für die Dorfbevölkerung. Auch Wasser bringt Leben. Das ist bekannt.

Bevor wir uns auf den eineinhalbstündigen Rückweg nach Kumbo machen konnten, sollte noch ein kurzer (!) Höflichkeitsbesuch beim Dorfältesten absolviert werden. Während wir in den Innenhof des Grundstücks traten, registrierten wir alle, dass wir hier erwartet wurden – vielleicht sogar für ein bisschen länger als nur kurz. Es standen Stühle für uns bereit, eine Rede war geschrieben, zahlreiche Mitbewohner des Dorfes hatten sich in dem Innenhof versammelt, um uns zu begrüßen. Kurz gesagt: Wir waren etwas überrumpelt.

So saßen wir also da in der bereits langsam eintretenden Dämmerung. Wir nahmen Dankesworte entgegen (für ein Projekt, das wir persönlich teils gar nicht kannten und zu größten Teilen auch bisher nicht unterstützt hatten) und bedankten uns unsererseits für den herzlichen Empfang. Es ist schwierig, in Worten wiederzugeben, was wir in den Augen und in den Gesten der Menschen von Lang erkennen konnten. Auch eine Mahlzeit hatte man für uns vorbereitet und wir aßen unter den interessierten und amüsierten Augen unserer Zuschauer die zubereiteten Kartoffeln, das Fufu und Njama-Njama und sangen im Anschluss ein kleines Lied als Dankeschön.

Ein besonderes Dankeschön

„Father, bevor ihr fahrt möchten wir Euch gerne noch ein kleines Dankgeschenk überreichen“, flüsterte ein Dorfbewohner unserem Begleiter Fr. Daniel Ache ins Ohr. Wie es so ist mit „klein“ und „kurz“, kommt besagter Mann mit einem lebendigen Schaf und einer großen Tüte voll mit Kolanüssen um die Ecke gebogen. „Wir Dorfbewohner von Lang haben entschieden, dass wir Euch dieses Schaf und diese Kolanüsse als Dank übergeben für das, was ihr für unsere Dorfgemeinschaft getan habt.“ Uns fehlten die Worte und alles was wir sagen konnten war „Dankeschön!“, „Thank you“, „Beriwo“ – und das sehr oft. Das Schaf haben wir mitgenommen. Die Kolanüsse auch.

Zu verstehen, welche Bedeutung hinter diesem Geschenk steckt, macht uns demütig. Die Menschen hier bedanken sich bei uns und schenken uns Symbole des Lebens und des Friedens. Vielleicht werden wir – trotz zahlreicher angeschlagener Mägen – die uns geschenkten Kolanüsse doch mal probieren. Vielleicht setzen wir uns in einem Kreis zusammen, brechen die Nüsse und teilen sie. Einige der Nüsse werden wir sicherlich auch mit nach Deutschland bringen. Auf dass sie auch dort den Menschen – trotz des bitteren Geschmacks – Leben und Frieden bringen können.

Von Von Vanessa Treike
Freiwillige Bistum Kumbo
Bild: © Bistum Limburg
Reisetagebuch aus Kumbo

Eine wachsende Freiwilligen-Familie

Kamerun ‐  Am Samstag, 26.03.2016, fand im Pastoral Center des Bistums Kumbo eine Konferenz zum Thema Freiwilligendienste statt. Es hat sich die einmalige Gelegenheit geboten, ehemalige Freiwillige aus beiden Richtungen als auch Koordinatoren von kamerunischer und deutscher Partnerseite an einen Tisch zu bringen. Die Jugendlichen aus Kamerun, die im Bistum Limburg ihren Freiwilligendienst geleistet haben, schilderten ebenso lebhaft ihre Erfahrungen wie die deutschen Freiwilligen.

So befand sich ein ungeheuer weites Erfahrungsspektrum mit unterschiedlichen Blickrichtungen im Raum und schnell wurden gemeinsame Themen festgelegt. Es war spannend, die Erfahrungen auszutauschen, die beide Partner mit dem Auswahlverfahren von Freiwilligen gesammelt hatten: Auf welche Weise werden die Freiwilligen ausgesucht? Welche Kriterien sind wichtig? Wie erfahren die Freiwilligen davon, dass sie die Möglichkeit bekommen, ein Jahr im Gastland einen sozialen Lerndienst zu leisten? Ein Moment, den alle ehemaligen Freiwilligen gut in Erinnerung haben.

Wie verläuft nach der guten Nachricht die Vorbereitung und welche praktischen, persönlichen und inhaltlichen Schritte sind zu gehen? Hier wurden jede Menge Parallelen entdeckt: Es gilt, sich auf eine fremde Sprache und Kultur einzustellen und ebenso die eigene Motivation oder Erwartungen abzuklären. Egal, ob man aus Kamerun stammt und sich auf den Weg nach Deutschland macht oder umgekehrt. Es gibt junge Menschen, die sich dieser Herausforderung stellen und entdecken, dass sie sich dabei ähnlicher sind als erwartet.

Lebendiger Austausch der Freiwilligen untereinander

Die Koordinatoren konnten an dieser Stelle viele Impulse für Verbesserungen in der Vorbereitung mitnehmen. Die Tatsache, dass es inzwischen Freiwillige auf beiden Seiten gibt, eröffnet dabei ganz neue Chancen. Warum sollten nicht die aktuellen deutschen Freiwilligen in Kumbo den kamerunischen Freiwilligen dabei helfen, erste deutsche Sprachkenntnisse zu erwerben, bevor sie sich auf den Weg machen? Ebenso können die kamerunischen Freiwilligen kulturelle Unterschiede aufzeigen, die auf deutscher Seite vor der Ausreise wissenswert sind. Nur beim Thema „Visabeschaffung“ schienen die Hürden für kamerunische Freiwillige deutlich höher als für deutsche. Es wurden konkrete Strategien und Hilfestellungen vereinbart, die hoffentlich die Schwierigkeiten bei künftigen Einsätzen verringern – aber es bleibt zweifelhaft, ob die Visaerteilung der Deutschen Botschaft in Zukunft reibungslos verlaufen wird.

Auch das Thema „Begleitung von Freiwilligen“ wurde ausgiebig beleuchtet. Mit dem „Mentoring“ durch zurückgekehrte Freiwillige wurden besonders gute Erfahrungen gesammelt: Ob es der Umgang mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, das Einkaufen oder auch das Finden des nächstgelegenen Sportclubs ist – hier können gleichaltrige Ehemalige hervorragende Wegbegleiter sein. Die Freiwilligen betonen dabei deutlich, wie wichtig ein konkreter Ansprechpartner ist, der erreichbar und in der Nähe ist.

Freiwilligendienst ist keine Einbahnstraße

Nicht zuletzt wurde die Rückkehr als eine Phase diskutiert, die die Freiwilligen nochmals auf die Probe stellt. Auch hier gab es überraschend viele Parallelen und stets dieselben Fragen: Wie kann es sein, dass sich für mich so viel verändert hat und zu Hause alles so zu sein scheint, wie zuvor? Was fange ich mit meinen Erfahrungen an? Wer interessiert sich dafür und wie geht es mit mir weiter? Das sind Fragestellungen, die in jeder Rückkehr-Situation auftreten – egal, aus welcher Richtung man sich in sein Heimatland zurück begibt. Einig waren sich die Partner und Anwesenden, dass es eine Strategie für Rückkehr und Integration braucht, bei deren Weiterentwicklung es viel voneinander zu lernen gibt. Insgesamt wurde sehr deutlich, dass der Freiwilligendienst in beide Richtungen  für alle Phasen des Programms ganz neue Chancen eröffnet.

„Uns unterscheidet Vieles, mehr aber eint uns“

Zum Schluss wurde auf Anregung einer Ehemaligen eine Runde eingeläutet, bei der jeder die persönliche Bedeutung seines eigenen Freiwilligendienstes erläuterte. Hier war besonders interessant, dass niemand diese Erfahrung missen möchte und gerade bei den schon länger zurückgekehrten Freiwilligen die nachhaltige Wirkung für den weiteren Lebensweg deutlich wurde.

Zum Abschluss wurde das Partnerschaftsgebet gebetet, in dem sehr treffend formuliert ist: „Uns unterscheidet Vieles, mehr aber eint uns“. Die „Freiwilligen-Familie“ wächst und bringt wunderbare Frucht. Auch wenn noch so manche Früchte reifen müssen: Diese Konferenz hat eine ordentliche Portion Dünger auf fruchtbaren Boden gebracht. Die künftigen Freiwilligen sind auf beiden Seiten bereits ausgewählt und machen sich im Sommer auf den Weg ins jeweilige Partnerbistum.

Von Von Barbara Reutelsterz
Bergaufstieg am Karfreitag
Bild: © Bistum Limburg
Reisetagebuch aus Kumbo

Viele Strapazen und ein ganz besonderes Osterfest

Kamerun ‐  Um das Osterfest mit unseren Partnern in Kumbo feiern zu können, hatten wir uns auf den Weg nach Kamerun gemacht. Doch bevor es Ostern werden konnte stand uns ein gefühlt ziemlich langer Karfreitag bevor: fehlende Reisepässe, Umbuchungen, Verspätungen, fehlende Koffer und Schlafmangel. Aber der Reihe nach.

Am 22. März konnten sich nur acht der neun Teilnehmer der Reisegruppe auf den Weg nach Kamerun machen. Der Reisepass einer Person lag erst an diesem Morgen in der Post und so war klar, dass wir erst nach und nach zu einer ganzen Gruppe werden könnten. Also reisten acht Limburger über Istanbul in die kamerunische Hauptstadt Yaoundé. Nicht ohne ein ganz komisches Gefühl im Bauch bestiegen wir das Flugzeug, denn wir hatten noch am Flughafen in Frankfurt von den schrecklichen Anschlägen in Brüssel gehört. Diese Vorfälle führten wiederum zu einer Flugumbuchungsschleife für weitere drei Personen, die in Kumbo unserer Reisegruppe beitreten würden.

Das Flugzeug landete schließlich mit Verspätung nachts um kurz vor 3 Uhr in der Hauptstadt Kameruns mit den acht Limburgern an Bord, allerdings nicht mit allen Gepäckstücken. Einen Abend später fuhr eine kleine Abordnung der Gruppe also wieder zum Flughafen um die Teilnehmerin – jetzt mit Reisepass – und das fehlende Gepäckstück einzusammeln.

Auf nach Kumbo!

Am Donnerstag, den 24. März, konnte es also endlich losgehen in Richtung Partnerdiözese. In Richtung Kumbo! Familie Loos, deren Tochter Rahel im Moment einen Freiwilligendienst im Bistum Kumbo leistet, buchte den Flug über Brüssel um und landete am Morgen des gleichen Donnerstags in Douala. Es sollte also ein Wiedersehen in Kumbo geben. Und schwuppdiwuppkartoffelsupp war unsere Gruppe von 8 auf 9 auf 12 Personen angewachsen.

An Karfreitag selbst besuchten wir morgens die Kooperative der Kaffeebauern in Oku, wo unser Partnerschaftskaffee bezogen wird. Dazu werden wir noch einen separaten Bericht schreiben. Am Nachmittag wurde es dann spürbar Karfreitag. In schwüler Hitze parkte unser Bus am Fuße eines größeren Hügels. „Das Auto kann hier nicht weiterfahren, den Rest nach oben müsst ihr laufen.“ Laufen? Dachte ich. Ich weiß nicht, ob die Gruppe das so gut finden wird. Wir hatten ja aufgrund des Zeitmangels nicht einmal ein Mittagessen gehabt. Die Situation war aber alternativlos, wollten wir doch an der Einweihung eines neuen Pilgerortes in unserer Partnerdiözese teilnehmen. Wir kletterten also entlang der Kreuzwegstationen den Hügel hinauf. Es war anstrengend, aber wir hatten auch – vielleicht erstmals während der Reise – einfach Ruhe und etwas Zeit uns auch innerlich auf das anstehende Osterfest vorzubereiten. Oben angekommen war der Gottesdienst mit dem Bischof schon in Gange und wir stellten uns zur Menge dazu.

„Ein Karfreitag wie wir ihn noch nie erlebt hatten“

In Kamerun beginnt gerade die Regenzeit und in der Regel gibt es nachmittags teils heftige Regenfälle. Auch an Karfreitag oben auf dem Hügel konnten wir beobachten, wie sich die Wolken zusammenzogen und es regnen wollte. Als der Gottesdienst gerade vorüber war und wir Bischof George Nkuo und den Generalvikar Fr. Roland grüßten, fielen die ersten Regentropfen. Wir wollten uns mit dem Abstieg beeilen, aber wir hatten auch etwas Bedenken, dass der Weg nun schon rutschig sein könnte. Es gab einen alternativen Weg, den wir – erstmal – für die bessere Variante hielten. Doch auch diesen, wesentlich längeren Weg konnte unser Auto nicht hinauffahren und so mussten wir bis zum Fuße des Hügels wieder hinunter laufen. Es fing an zu schütten!

Wir trotteten los und es wurde rutschig und rutschiger. Unser Abstieg dauerte sicherlich 45 bis 60 Minuten mit dem Resultat, dass etwa 75 bis 80 Prozent von uns Hügel-hinabrutschend mindestens einmal im Matsch landeten. Es war ganz schön mühsam, schmutzig, nass aber auch unglaublich lustig, wie wir Europäer uns anstellten diesen Weg zurückzulegen. Es war ein Karfreitag wie wir ihn noch nicht erlebt haben. Es konnte nun also Ostern werden.

Unser Osterfest

Am Samstagabend versammelten wir uns in der Unterkunft und machten uns alle hübsch, um zur Osternacht in den Dom zu gehen. Zum Glück war der verspätete Koffer inzwischen angekommen, so dass auch die Herren in Anzug und Krawatte teilnehmen konnten.

Auch hier begann die Osternacht mit einem Osterfeuer vor dem Dom. Mit Kerzen in der Hand zogen wir in den Dom ein und eine besondere Stimmung machte sich breit. Es ist schön hier in Kumbo zu sein und gemeinsam dieses höchste Fest für uns Christen zu feiern. Jesus Christ you are my life (Jesus Christus du bist mein Leben) – dieses Lied haben wir am Ende der Osternacht als Limburg-Delegation gemeinsam mit Bischof George im Dom gesungen. Es ist Ostern und die Freude, dieses Fest gemeinsam feiern zu können, prägt unsere Osternacht. Unser Osterfest. Und sicherlich auch die kommenden Tage in den Partnergemeinden Tabenken, Binju-Nkambe, Mfumte und Djottin.

Von Von Vanessa Treike