Ein Kind in rotem Kleid sitzt auf der steinigen Straße eines Flüchtlingslagers. Im Hintergrund stehen große Zelte mit dem Aufdruck UNHCR.
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Katholische Flüchtlingshilfe in Deutschland und weltweit

Aufnehmen, schützen, fördern, integrieren

Als Teil der Weltkirche hat die katholische Kirche in Deutschland ihre Aktivitäten für die Unterstützung schutzsuchender Menschen in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgeweitet. Dieses Engagement ist praktischer Ausdruck der christlichen Grundüberzeugung, dass jeder Mensch Anspruch auf ein menschenwürdiges Leben hat.

Erstellt: 01.07.2022
Aktualisiert: 26.08.2024
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Mehr als 100 Millionen Menschen auf der Flucht – diesen traurigen Höchststand vermeldete das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR im Juni 2022. Vor allem angesichts gewaltsamer Konflikte im Mittleren Osten, in Asien, Afrika und Südamerika ist die Zahl der Geflüchteten in den vergangenen Jahren stark angewachsen. Und in Europa hat der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine die größte Fluchtbewegung seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ausgelöst. Global betrachtet findet ein Großteil aller Geflüchteten nach wie vor in den Ländern des globalen Südens Aufnahme. Doch auch Deutschland ist eines der wichtigsten Aufnahmeländer geworden: Zwischen 2014 und 2021 suchten mehr als eine Million Menschen hier Zuflucht, darunter vor allem zahlreiche Syrer und Afghanen. Seit Beginn des Ukraine-Krieges im Februar 2022 hat Deutschland über 800.000 Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen.

An einem Metallgitter an einem Bahnhof an der ukrainischen Westgrenze hängt eine verwitterte ukrainische Papierflagge.
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Menschen flüchten per Zug aus der Ukraine (Symbolbild)

Vielfältige Akteure und Aktivitäten

Zusammen mit ökumenischen und zivilgesellschaftlichen Partnern leistet die katholische Kirche in Deutschland einen bedeutsamen Beitrag, dass schutzsuchende Menschen Solidarität und Unterstützung erfahren. Dabei weiß sie sich vier Leitworten von Papst Franziskus verpflichtet: „aufnehmen, schützen, fördern, integrieren“. Das kirchliche Engagement umfasst das gesamte Spektrum der Flüchtlingshilfe: die Bereitstellung von Unterkünften, die Eröffnung sicherer Zugangswege, Rechts- und Verfahrensberatung, psychologische und ärztliche Betreuung, die Unterstützung besonders vulnerabler Gruppen, Bildungsangebote sowie weitere Maßnahmen zur Förderung von Integration und Teilhabe oder auch Initiativen des interkulturellen und interreligiösen Dialogs. Gerade die vielen ehrenamtlich Engagierten spielen eine entscheidende Rolle. Indem sie Schutzsuchenden persönliche Wertschätzung vermitteln und sie im Alltag begleiten, zeugen sie von einer lebendigen Willkommens- und Integrationskultur. Eine Besonderheit der kirchlichen Flüchtlingsarbeit sind darüber hinaus die unterschiedlichen seelsorglichen Angebote: zum einen für christliche Geflüchtete, die in Deutschland auch in kirchlicher Hinsicht Beheimatung suchen, zum anderen aber auch für Menschen anderen Glaubens, die des seelischen Beistands bedürfen.

Seit 2015 haben kirchliche Organisationen die professionellen Dienste der Flüchtlingsarbeit ausgeweitet und weiterentwickelt: auf Ebene der Deutschen Bischofskonferenz und der Bistümer, des Deutschen Caritasverbands und der Diözesan-Caritasverbände, der international tätigen Hilfswerke, der einzelnen Kirchengemeinden und Ordensgemeinschaften sowie weiterer katholischer Gemeinschaften, Gruppen und Verbände. Um das kirchliche Engagement für Schutzbedürftige auch überdiözesan zu fördern, haben die deutschen Bischöfe 2015 das Amt des Sonderbeauftragten für Flüchtlingsfragen eingerichtet. Der Sonderbeauftragte, Erzbischof Dr. Stefan Heße (Hamburg), ist zugleich Vorsitzender der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz. Gemeinsam mit dem von ihm geleiteten Arbeitsstab trägt er zur Koordination der kirchlichen Arbeit bei, begleitet politische und gesellschaftliche Entwicklungen, gibt Impulse für neue Aktivitäten und pflegt den Kontakt zu internationalen Ansprechpartnern, darunter auch die vatikanische Abteilung für Migranten und Flüchtlinge sowie die Internationale Katholische Migrationskommission. Auch die regelmäßigen Solidaritätsreisen des Sonderbeauftragten dienen der weltkirchlichen Vernetzung der katholischen Flüchtlingsarbeit.

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Der Hamburger Erzbischof Dr. Stefan Heße

Ein Blick auf die Zahlen verdeutlicht ebenfalls den hohen Stellenwert der Flüchtlingshilfe: So hat die katholische Kirche in Deutschland zwischen 2015 und 2021 insgesamt über 840 Millionen Euro für die inländische und internationale Flüchtlingshilfe eingesetzt. Allein im Jahr 2021 hat die Flüchtlingshilfe der katholischen Kirche in Deutschland knapp 200.000 Schutzsuchende erreicht.

Kirche als Sprachrohr für Schutzsuchende

Neben der praktischen Unterstützung sind auch die politisch-anwaltschaftliche Arbeit kirchlicher Akteure und ihre Mitwirkung am gesellschaftlichen Diskurs von Bedeutung. Die Kirche fungiert nicht selten als Sprachrohr für die Anliegen von Flüchtlingen – gerade dann, wenn die Wahrung ihrer grundlegenden Menschenrechte gefährdet ist. In den Leitsätzen des kirchlichen Engagements für Flüchtlinge aus dem Jahr 2016 haben die deutschen Bischöfe jeglichen Tendenzen der Ausgrenzung und Diskriminierung von Geflüchteten eine Absage erteilt: „Ausgangs- und Zielpunkt all unserer Bemühungen muss ... stets die Wahrung der individuellen Würde jedes Flüchtlings und Asylsuchenden sein – unabhängig von Herkunft und sozialem Stand, Religion und Weltanschauung, Geschlecht und sexueller Orientierung.“ Seitdem hat die Deutsche Bischofskonferenz viele weitere Stellungnahmen zu verschiedenen Fragen im Themenfeld Flucht und Asyl veröffentlicht. Ziel ist es, in den öffentlichen Debatten für die Anliegen von Geflüchteten zu sensibilisieren – sowohl auf der Grundlage ethischer Überzeugungen als auch mit Blick auf kirchliche Praxiserfahrungen.

2021 haben die Deutsche Bischofskonferenz, die Evangelische Kirche in Deutschland und die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen ein neues ökumenisches Grundlagenwort zu Fragen von Migration und Flucht vorgelegt. Darin bekennen die Kirchen sich gemeinsam zur christlichen Verantwortung gegenüber schutzsuchenden Menschen: „Die Kirchen lassen deshalb in ihrer vielfältigen Arbeit für den Schutz und die Rechte Geflüchteter nicht nach.“ Zugleich machen sie sich für eine humane Flüchtlingspolitik stark: in Deutschland, Europa und weltweit. Das Migrationswort unterstreicht, dass der Einsatz für die Rechte schutzsuchender Menschen zum Kernbestand des christlichen Glaubens gehört.

Von Dr. Alexander Kalbarczyk, Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz

Stand: Juli 2022

Ökumenisches Grundlagenwort zu Migration und Flucht

Migration menschenwürdig gestalten: Gemeinsames Wort der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (2021)

- Deutsche Fassung

- Zusammenfassung des Migrationsworts

- Englische Fassung in Vorbereitung

Dokumente der Deutschen Bischofskonferenz