„Die Rebellen legen es auf einen Machtkampf an“
Mit einem ökumenischen Gottesdienst im Berliner Dom hat das Ökumenische Netz Zentralafrika (ÖNZ) am Dienstag sein zehnjähriges Bestehen gefeiert. Getragen wird der Zusammenschluss, der sich vor allem dem Kongo, aber auch Burundi und Ruanda widmet, von den kirchlichen Werken Misereor, Pax Christi, Brot für die Welt und der Vereinten Evangelischen Mission. Im Interview zieht Leiterin Ilona Auer-Frege eine Bilanz und äußert sich zum aktuellen Konflikt im Kongo.
Aktualisiert: 06.02.2023
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Mit einem ökumenischen Gottesdienst im Berliner Dom hat das Ökumenische Netz Zentralafrika (ÖNZ) am Dienstag sein zehnjähriges Bestehen gefeiert. Getragen wird der Zusammenschluss, der sich vor allem dem Kongo, aber auch Burundi und Ruanda widmet, von den kirchlichen Werken Misereor, Pax Christi, Brot für die Welt und der Vereinten Evangelischen Mission. Im Interview zieht Leiterin Ilona Auer-Frege eine Bilanz und äußert sich zum aktuellen Konflikt im Kongo.
Frage: Vor zehn Jahren hat das Ökumenische Netz Zentralafrika seine Arbeit aufgenommen. Die schlechten Nachrichten aus dem Kongo sind seither nicht abgerissen. Gab es auch irgendeine positive Veränderung?
Auer-Frege: Das Bewusstsein der internationalen Gemeinschaft, aber auch der Zivilgesellschaft vor Ort ist gewachsen, wie sich Frieden organisieren lässt. Da ist viel geistige Arbeit geleistet worden, etwa um ein Zertifizierungsverfahren für Rohstoffe zu entwickeln. Gerade im Osten des Landes sorgt die illegale und unkontrollierte Ausbeutung von Ressourcen ja immer wieder für kriegerische Auseinandersetzungen.
Frage: Derzeit steht die Rebellengruppe M23 in den Schlagzeilen – sie soll weite Teile der ebenfalls im Osten gelegenen Region Kivu kontrollieren. Was wissen Sie über die aktuelle Lage?
Auer-Frege: Die Rebellen haben mit dem heutigen Dienstag ein Ultimatum der Zentralregierung ungenutzt verstreichen lassen. Die bewaffneten Milizen legen es offenbar auf einen Machtkampf an, weil sie wissen, dass Präsident Joseph Kabila und seine Truppen militärisch nicht in der Lage sind, ihnen Paroli zu bieten. Umso mehr kommt es jetzt auf die Vermittlung der Staatengemeinschaft an.
Frage: Wie gestaltet sich angesichts der verfahrenen Lage die Arbeit für die Hilfsorganisationen?
Auer-Frege: Zu den bislang schon 1,2 bis 1,4 Millionen Binnenflüchtlingen kamen aufgrund der jüngsten Kämpfe noch einmal 200.000 Menschen. Die Helfer müssen jetzt vor allem zusehen, wie sie zu den notleidenden und verängstigten Menschen gelangen können. Diese halten sich oftmals in unzugänglichen Urwaldgebieten versteckt. Unklar ist auch, ob die Helfer unter den örtlichen Machthabern, die ihrerseits in ständig wechselnden Koalitionen unterwegs sind, halbwegs sicher arbeiten können.
Frage: Das ÖNZ engagiert sich nicht nur im Kongo, sondern auch in den Nachbarstaaten Burundi und Ruanda. Welche Herausforderungen sehen Sie dort?
Auer-Frege: In Burundi und noch stärker in Ruanda haben sich Regierungen mit zunehmend diktatorischem Charakter gebildet. Presse- und Meinungsfreiheit sind bedroht, Oppositionelle riskieren hohe Haftstrafen. Diese Tendenzen lähmen gesellschaftliche Entwicklungsprozesse. Damit sinkt auch die Chance auf stabile Verhältnisse in der gesamten Region.
Von Joachim Heinz