Preisträger EU: Nobelkomitee erntet Lob und Kritik
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Preisträger EU: Nobelkomitee erntet Lob und Kritik

Die Europäische Union wird heute in Oslo mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz nehmen die Auszeichnung entgegen. Mit dem Preisgeld in Höhe von umgerechnet rund 930.000 Euro will die EU Projekte für Kinder in Kriegs- und Konfliktregionen unterstützen.

Erstellt: 10.12.2012
Aktualisiert: 22.06.2022
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Die Europäische Union wird heute in Oslo mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz nehmen die Auszeichnung entgegen. Mit dem Preisgeld in Höhe von umgerechnet rund 930.000 Euro will die EU Projekte für Kinder in Kriegs- und Konfliktregionen unterstützen.

Das Nobelpreiskomitee hatte seine Entscheidung im Oktober damit begründet, dass sich die EU über sechs Jahrzehnte lang für „Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechte in Europa“ eingesetzt habe. Mit der Auszeichnung solle an die stabilisierende Rolle der Union für die Schaffung eines weithin friedlichen Kontinents erinnert werden.

Vertreter aus Politik und Gesellschaft begrüßten die Auszeichnung. Die EU sei ein „einzigartiges Friedensprojekt“, erklärten etwa EU-Kommissionspräsident Barroso und Bundespräsident Joachim Gauck. Der Vorsitzende der EU-Bischofskommission COMECE, Kardinal Reinhard Marx, sagte, die Verleihung sei ein Zeichen dafür, dass Europa „ein Beitrag sein kann für eine bessere Welt“. Daran hätten auch Christen großen Anteil.

Menschenrechtler äußern sich kritisch

Unterdessen äußerten Menschenrechtler Kritik. Die Union sei „eindeutig kein Vorkämpfer für den Frieden“, erklärten die drei früheren Preisträger Desmond Tutu, vormaliger anglikanischer Erzbischof von Kapstadt, der argentinische Menschenrechtsaktivist Adolfo Perez Esquivel und die nordirische Nobelpreisträgerin Mairead Maguire. Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Europäischen Parlaments, Barbara Lochbihler (Grüne), warf den EU-Mitgliedstaaten vor, Waffen in Krisenregionen zu exportieren.

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Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte die Asyl- und Flüchtlingspolitik der EU. Allein im vergangenen Jahr seien mindestens 1.500 Flüchtlinge im Mittelmeer gestorben. Dafür sei die Abschottungspolitik Europas mitverantwortlich.

Auch die katholische Friedensbewegung Pax Christi erklärte, die EU habe den Preis nicht verdient: „Statt entschieden und konsequent die Entmilitarisierung der internationalen Beziehungen zu betreiben, orientiert sich die EU, kaum anders als das Militärbündnis NATO, immer noch an einer konfrontativen sicherheitspolitischen Rahmenkonzeption. Die EU praktiziert eine entsprechende Politik und ist als Union wie durch einzelne Mitgliedstaaten immer wieder in völkerrechtlich zumindest fragwürdige kriegerische Unternehmungen verwickelt“ kritisierte Christof Grosse, Sprecher der Pax Christi Kommission Friedenspolitik.

Renovabis fordert mehr Solidarität

Das kirchliche Osteuropa-Hilfswerk Renovabis hingegen wertet die Verleihung des Friedensnobelpreises an die EU als positives Zeichen: „Wenn am 10. Dezember die Repräsentanten der europäischen Institutionen stellvertretend in Oslo den Friedensnobelpreis entgegennehmen, dann ist das ein guter Tag für Europa“, äußerte sich Pater Stefan Dartmann, Hauptgeschäftsführer des Hilfswerks. Gleichzeitig mahnte Renovabis an, dass trotz der EU-Erweiterung im Jahr 2004, die Bürgerinnen und Bürger Polens, Ungarns, Tschechiens, der Slowakei oder anderer Länder im Osten Europas noch nicht auf gleicher Augenhöhe gesehen und akzeptiert würden. Zu groß seien die Vorurteile, Klischees und Mauern in den Köpfen vieler Menschen. Die Mitgliedstaaten der EU in West und Ost, Nord und Süd sollten diese Auszeichnung daher als eine Verpflichtung verstehen: „Ohne Besinnung auf grundlegende Werte, die ihre Wurzeln auch im christlichen Glauben haben, der Europa geprägt hat, wird die EU als Friedens- und Solidargemeinschaft keine Zukunft haben“, so Pater Dartmann.

Der Friedensnobelpreis geht auf den schwedischen Industriellen Alfred Nobel zurück und wird seit 1901 in Oslo vergeben. Zu den früheren Preisträgern gehören unter anderem Barack Obama, Mutter Teresa, Amnesty International und der polnische Gewerkschafter Lech Walesa. Traditionell wird der Friedensnobelpreis am 10. Dezember, dem Todestag Alfred Nobels, in Oslo überreicht.