Entwicklungsbündnis fordert Staatsinsolvenzverfahren
Entwicklungsorganisationen haben einen neuen Umgang mit überschuldeten Entwicklungsländern gefordert. Zur Lösung der Schuldenkrise sei ein einmaliger Schuldenerlass oft nicht zielführend, heißt es in dem am Donnerstag in Berlin vorgestellten Schuldenreport 2014 . Stattdessen sei ein geordnetes und verlässliches Insolvenzverfahren nötig.
Aktualisiert: 13.09.2022
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Der Report wird seit 2009 von der Kindernothilfe und erlassjahr.de im Vorfeld der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank herausgegeben. Beide Institutionen sind maßgeblich für den Umgang mit hoch verschuldeten Staaten zuständig. erlassjahr.de ist mit über 700 Mitgliedsorganisationen das größte entwicklungspolitische Bündnis in Deutschland, dem auch viele kirchliche Institutionen angehören. Es wurde 1999 zum damaligen G8-„Schuldengipfel“ in Köln gegründet, um Industrieländer und Privatschuldner zu einem Schuldenerlass zugunsten der Entwicklung armer Länder zu bewegen.
Entwicklungsstaatssekretär Thomas Silberhorn (CSU) verwies auf einen Zusammenhang zwischen Staatsverschuldung und Armut. Die Entschuldung solle den Staaten wieder Handlungsspielraum für Entwicklung geben. So seien durch die Teilentschuldungen der „HPIC“-Länder, also der 35 am höchsten verschuldeten Staaten, im Schnitt rund drei Prozentpunkte der Staatsausgaben wieder für Armutsbekämpfung frei geworden. Die Entschuldung müsse stets zu konkreten Verbesserungen für die Bürger führen.
Paradigmenwechsel gefordert
Nach Angaben des Finanzexperten der Kindernothilfe, Frank Mischo, hatte die Entschuldung in vielen Staaten positive Auswirkungen auf soziale Grunddienste wie Bildung und Gesundheit. Als Beispiele nannte er Ghana, Sambia, Uganda und Kamerun. Der Bericht weist aber zugleich weiterhin eine extrem hohe Verschuldung für Staaten wie Burundi, Somalia oder Mali auf.
Der Sprecher von erlassjahr.de , Jürgen Kaiser, sagte, dass es trotz der erfolgreichen Entschuldung armer Länder weiterhin zu Überschuldungsproblemen mit dem Risiko einer Staatsinsolvenz komme. Kaiser verlangte deshalb einen „Paradigmenwechsel". Die bisherigen Entschuldungsinitiativen seien von Gläubigern dominiert und einseitig. Bei einem Insolvenzverfahren gäbe es hingegen ein unabhängiges Schiedsgericht. Ein solches Verfahren sollte nach den Vorstellungen der Entwicklungsorganisationen auf der Grundlage eines unabhängigen Gutachtens sowohl öffentliche als auch private Gläubiger gleichermaßen einbeziehen.
Silberhorn erklärte zugleich, die Entwicklungsländer hätten eine eigene Verantwortung für solide Finanzen und „professionelles Schuldenmanagement“. Zugleich verwies er auf das von Deutschland in manchen Ländern angewandte Instrument einer Schuldenumwandlung in Entwicklungsprogramme.