Internationale Konferenz zu menschenwürdiger Arbeit
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Menschenrechte

Internationale Konferenz zu menschenwürdiger Arbeit

Rom ‐ Mit der Globalisierung hat sich die Arbeit im nördlichen wie im südlichen Teil des Globus verändert. Zwischen Industrienationen, Schwellenländern und der sogenannten „dritten Welt“ bestehen heute vielfältige Verkettungen von Arbeit, erklärte Hildegard Hagemann am Dienstag gegenüber Radio Vatikan. Sie nahm für die Deutsche Kommission Justitia et Pax an einer Konferenz zum Thema Arbeit teil, die unter der Schirmherrschaft des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden an diesem Dienstag und Mittwoch in Rom stattfand.

Erstellt: 02.05.2014
Aktualisiert: 12.09.2022
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Mit der Globalisierung hat sich die Arbeit im nördlichen wie im südlichen Teil des Globus verändert. Zwischen Industrienationen, Schwellenländern und der sogenannten „dritten Welt“ bestehen heute vielfältige Verkettungen von Arbeit, erklärte Hildegard Hagemann am Dienstag gegenüber Radio Vatikan. Sie nahm für die Deutsche Kommission Justitia et Pax an einer Konferenz zum Thema Arbeit teil, die unter der Schirmherrschaft des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden an diesem Dienstag und Mittwoch in Rom stattfand.

Das Treffen wurde von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und katholischen Nichtregierungsorganisationen organisiert und stand im Zeichen des Einsatzes für menschenwürdige Arbeit weltweit. Mit den neuen Arbeitszusammenhängen seien nicht nur besondere Herausforderungen, sondern auch besondere Verantwortlichkeiten verbunden, so die Entwicklungsreferentin im Interview mit Radio Vatikan.

„Wenn wir sehen, dass Textilarbeiterinnen für unseren Markt in Bangladesch zu sehr schlechten Bedingungen arbeiten und wir die Waren abnehmen, dann heißt das, dass wir abhängig sind von der Arbeit anderer. Und da haben wir eine Verantwortung!“, mahnte Hagemann. Auf der anderen Seite befänden sich auch im globalen Norden immer mehr Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen. Dies sei beispielsweise der Fall, wenn aufgrund von Teilzeitarbeit zwei oder drei Jobs gleichzeitig angenommen werden müssten, erklärte die Menschenrechtlerin.

„Da haben wir eine Verantwortung!“

—  Zitat: Hildegard Hagemann, Deutsche Kommission Justitia et Pax

Bewusstseinsbildung und verbindlicher Arbeitsschutz

Hagemann forderte in diesem Zusammenhang ein stärkeres Bewusstsein für eine globale Kultur menschenwürdiger Arbeit. Darüber hinaus brauche man verbindliche Gesetze zum Arbeitsschutz, die in den jeweiligen Ländern tatsächlich umgesetzt würden. Leider seien Kinderarbeit und Menschenhandel in zu vielen Ländern noch traurige Realität, auch in Europa – etwa im Bereich der Prostitution. In einem Feld lasse sich hingegen in den letzten Jahren ein konkreter Erfolg verzeichnen, berichtete Hagemann, und zwar bei der Arbeit der Hausangestellten. Bei dieser Gruppe handele es sich oft um Migrantinnen, die fernab ihrer Heimat in fremden Haushalten schufteten und nicht selten ausgebeutet würden.

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Am Beispiel der seit 2011 geltenden Konvention zum Schutz von Hausangestellten verdeutlichte Hagemann die Erfolge von Kooperativen, Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft. „Da können wir sehen, wie erfolgreich ein Prozess der Selbstorganisation von Hausangestellten weltweit war, wie erfolgreich die Vernetzungsarbeit, die Allianzbildung und Kooperation war“, so die Entwicklungsreferentin. „Wir haben hier ein kleines Erfolgsbeispiel für die Selbstorganisation von Betroffenen, die eigentlich sehr schwer zu organisieren sind, weil sie eben in Privathaushalten arbeiten“, so Hagemann weiter.

Damit menschenwürdige Arbeit Realität werden kann, müssten laut Hagemann zwei Voraussetzungen geschaffen sein: zum einen international verbindliche Gesetze zum Arbeitsschutz, zum anderen das Recht der Arbeiter, sich zu organisieren. Erst wenn diese Gegebenheiten geschaffen seien, sei eine nachhaltige Entwicklung möglich, so die Justitia-et-Pax-Mitarbeiterin.

Jugendarbeitslosigkeit und Klimawandel

Ähnlich sieht Hagemann das Problem der steigenden Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Immerhin habe die Politik das Problem schon einmal als ein solches erkannt, so die Expertin. Dass aber alle Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, um die Lage der jungen Leute zu verbessern, bezweifelte sie. Es müsse noch mehr Wert auf die Ausbildung für Jugendliche gelegt werden. Ebenso müssten die Jugendlichen selbst mehr Gehör finden, „ insofern, als eben sehr spezifische Angebote gemacht werden müssen“, so Hagemann gegenüber Radio Vatikan.

Im Zuge der steigenden Jugendarbeitslosigkeit sei auch der Drang zur Migration von europäischen Ländern in ihre vormaligen Kolonien angestiegen. „Es gibt auch Migration von den reichen Ländern in die sprachverwandten Regionen der Welt.“ Hier sei die internationale Zusammenarbeit der Staaten gefragt, so Hagemann, damit in den Ländern, in denen ohnehin schon viele Jugendliche lebten, ausreichend Beschäftigungsprogramme vorhanden seien.

Als weitere Herausforderungen im Bereich der Arbeit nannte die Menschenrechtlerin den Klimawandel. Durch Naturkatastrophen und Umweltveränderungen hätten sich in den letzten Jahrzehnten die Arbeitsbedingungen vieler Völker, vor allem im Süden der Welt, rasant verändert. Damit verbunden sei auch die Frage des Hungers und der Ernährungsunsicherheit, vor allem auf dem afrikanischen Kontinent.

Gemeinsames Statement zur menschenwürdigen Arbeit

Die Konferenz „Employment and Decent Work – the best route out of poverty”, die in dieser Woche in Rom stattfand, hatte unter anderem das Ziel, eine gemeinsame Position zur Nachhaltigkeits- und Entwicklungsagenda nach dem Jahr 2015 zu erarbeiten. Katholische Nichtregierungsorganisationen und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) wollen diese im kommenden Jahr in den Verhandlungsprozess der Vereinten Nationen einbringen.

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Im Eröffnungsvortrag zur Konferenz am Dienstagmorgen unterstrich Kardinal Peter Turkson, Präsident des Päpstlichen Friedensrates, dass Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung und prekäre Arbeit Ursachen anhaltender Armut seien. Für menschenwürdige Arbeit zu kämpfen bedeute in diesem Kontext, Armut in ihren grundlegendsten Formen zu bekämpfen und sich für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt einzusetzen, so der Kardinal.

„Uns bleibt viel zu tun“

Im Nachgang der Konferenz zog Martin Robra vom ökumenischen Rat der Kirchen das Resümee: „Uns bleibt viel zu tun…“. Auch der Jesuit Pierre Martinot-Lagarde, Beauftragter für sozial-religiöse Angelegenheiten der ILO, betonte das weite Feld an Problematiken, die mit dem Thema Arbeit zusammenhingen. „Es geht um die prekären Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit, Jugendarbeitslosigkeit, moderne Sklaverei“, so Martinot-Lagarde. Während in Spanien der Fokus auf der Jugendarbeitslosigkeit liege, konzentriere sich Singapur auf die Problematik der Migration – denn das sei dort eine wichtige Frage, erläuterte der Jesuit die globalen Unterschiede im Bereich der menschenwürdigen Arbeit.

Einige dieser unterschiedlichen Aspekte und einzelnen Projekte, die gegen die Ungerechtigkeiten der Arbeitswelt kämpfen, wurden bei der Tagung von den Nichtregierungsorganisationen der katholischen Kirche präsentiert, darunter unter anderem von Kolping International.

Die Teilnehmenden der Konferenz zogen am Mittwochabend das Fazit, dass menschenwürdige Arbeit globalisiert, Arbeitsbedingungen verbessert und neue Arbeitsplätze geschaffen werden müssten. Die katholischen Organisationen und die ILO betonten, der Kreislauf von Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung, Ausgrenzung, Armut und Verzweiflung müsse durchbrochen werden. Das nächste Treffen findet im Zuge der Internationalen Arbeitskonferenz im Juni dieses Jahres in Genf statt. (lek mit Radio Vatikan)

Mehr Informationen

Hintergrundinformationen zur Konferenz „Employment and Decent Work – the best route out of poverty” und das Programm der Veranstaltung finden Sie auf der Webseite der Deutschen Kommission Justitia et Pax: > Hintergrundinformationen (engl.) (PDF) > Porgramm (engl.) (PDF)