„Viva Romero“
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„Viva Romero“

Oscar Romero ‐ Feierliche Stimmung in El Salvadors Hauptstadt San Salvador und gefühlt endlos lange Schlangen vor der Reliquie mit dem blutgetränkten Hemd, das Oscar Romero an jedem Märztag 1980 trug, als Kugeln sein Leben auf eine grausame Weise beendeten. Das Hemd des damaligen Erzbischofs von San Salvador wird in Kürze eine Reise durch alle Pfarreien des kleinen mittelamerikanischen Landes antreten. Rund 300.000 Menschen nahmen Medienberichten zufolge am Wochenende an der Seligsprechung von Romero teil. Hatte es am Vortag bei einer Lichterprozession zu seinen Ehren noch in Strömen gegossen, schien am Samstag die Sonne.

Erstellt: 26.05.2015
Aktualisiert: 23.03.2023
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Nicht überall ging die Veranstaltung reibungslos über die Bühne. Eine umgestürzte Großbildleinwand sorgte für eine Handvoll Verletzte. Die Zeremonie rund um den Platz „El Salvador del Mundo“ („Erlöser der Welt“) unter Leitung von Kurienkardinal Angelo Amato, dem Präfekten der Römischen Heiligsprechungskongregation, war dadurch nicht beeinträchtigt. Viele, vor allem junge Gläubige, hielten Fotos von Romero in den Händen oder trugen ein mit dessen Gesicht bedrucktes T-Shirt. Immer wieder brandete Beifall auf, vor allem, als das Werk Romeros gewürdigt wurde. Papst Franziskus nannte ihn in seiner Grußbotschaft einen der „besten Söhne der Kirche“.

Papst Franziskus rief zur Versöhnung auf

In dem vom Vatikan veröffentlichten und später vor den Gläubigen verlesenen Brief des Papstes an den heutigen Erzbischof von San Salvador, Jose Luis Escobar Alas, heißt es: „In schwierigen Zeiten des Zusammenlebens hat es Monsignore Romero vermocht, seine Herde zu führen, zu verteidigen und zu schützen, treu im Glauben und in Gemeinschaft mit der Kirche.“ Als Märtyrer habe er den Glauben und die christliche Barmherzigkeit mit seinem Leben bis zum Extrem bezeugt und sei so zum Abbild Christi geworden. Papst Franziskus ging auch auf die aktuelle innenpolitische Situation ein und rief die Bürger des Landes zu einer wahrhaftigen und tiefgreifenden Versöhnung auf.

Bereits am Freitag hatten tausende Menschen an einer Lichterprozession zu Ehren Romeros teilgenommen. Bei dem bunten Umzug hielten viele Gläubige Fotos des ermordeten Erzbischofs in die Höhe, und junge Pilger sorgten für die musikalische Untermalung. Immer wieder ertönte der Ruf „Viva Romero“ („Es lebe Romero“), der dann auch während der Seligsprechung am Samstag immer wieder zu hören war. Im anschließenden Gottesdienst rief der honduranische Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga alle Priester auf, dem Beispiel Romeros in ihrer täglichen Arbeit zu folgen. Dieses Blut sei nicht vergebens vergossen worden, sagte der Erzbischof von Tegucigalpa anschließend bei einer Gebetswache.

Staatsoberhäupter Lateinamerikas würdigten Romero

Vor allem Lateinamerikas Linkspolitiker waren bemüht, Romero als einen der ihren zu würdigen. Argentiniens in wenigen Monaten aus dem Amt scheidende Präsidentin Cristina Kirchner erinnerte in ihrer Grußbotschaft an die dunkle Zeit der Militärdiktatur. Ecuadors Präsident Rafael Correa suchte noch sichtlich bewegt am Nachmittag nach der Seligsprechung das Grab Romeros in der Krypta der Kathedrale von San Salvador auf. Dort hatte zuvor bereits der kubanische Vizepräsident Miguel Diaz Canel einen verbalen Schulterschluss vollzogen: „Kuba solidarisiert sich mit Romero“, sagte er in einer kurzen Erklärung.

So oder so: Oscar Romero Galdamez, am 15. August 1917 in einfachen Verhältnissen in der Kleinstadt Ciudad Barrios im Süden des Landes geboren, bewegt offenbar auch über seinen gewaltsamen Tod am 24. März 1980 heute noch die Gemüter. Durch seinen Einsatz für die Rechte der Armen hatte er, seit 1977 Erzbischof in der Hauptstadt, den Hass reaktionärer Kreise auf sich gezogen. Als Auftraggeber des Mordes stehen Militärs im Verdacht; die Hintergründe der Tat wurden nie ganz aufgeklärt. Eine Orgie der Gewalt begann nach seinem Tod: Im Bürgerkrieg zwischen Sicherheitskräften, rechten Todesschwadronen und linksgerichteten Guerillagruppen fanden bis 1992 mindestens 75.000 Menschen den Tod.

Von Tobias Käufer (KNA)

Seligsprechung

Bei einer Seligsprechung stellt die katholische Kirche durch Urteil des Papstes fest, dass eine verstorbene Person vorbildlich aus dem Glauben gelebt hat und Christus in besonderer Weise nachgefolgt ist. Daraus ergibt sich die offizielle Empfehlung, diese Person als Vorbild und Fürsprecher bei Gott anzunehmen. Der Seligsprechung kann eine Heiligsprechung folgen. Erst dann darf die betreffende Person offiziell weltweit verehrt werden. Der Seligsprechung geht ein kirchliches Untersuchungsverfahren voraus. Dazu muss das jeweilige Heimatbistum Informationen über Leben und Sterben der Person sammeln und ein Wunder oder den Märtyrertod sowie Tugendhaftigkeit und den „Ruf der Heiligkeit“ nachweisen. Nach Abschluss des Verfahrens werden die Akten der vatikanischen Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse zugeleitet. Sie prüft die Echtheit der Dokumente und Zeugenaussagen und holt gegebenenfalls Gutachten über Wunder ein. (KNA)