Hilfswerk und Religionsvertreter fordern Impulse in der Flüchtlingspolitik
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Hilfswerk und Religionsvertreter fordern Impulse in der Flüchtlingspolitik

Flüchtlinge ‐ Misereor und führende Vertreter der katholischen Kirche, des Islams und des Judentums in Deutschland haben einen anderen Ansatz im Umgang mit Flüchtlingen angemahnt. Sie fordern eine neue Kultur des Willkommens und beklagen mit scharfen Worten die Abwehrhaltung der EU gegenüber Menschen, die auf der Flucht sind.

Erstellt: 31.08.2015
Aktualisiert: 31.08.2015
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Führende Religionsvertreter und das Hilfswerk Misereor haben neue Impulse in der Flüchtlingspolitik angemahnt. „Ein neuer Ansatz ist notwendig“ sagte Kardinal Reinhard Marx am Sonntagabend in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz rief dazu auf, das Thema Zuwanderung grundsätzlich anzugehen und in die Öffentlichkeit das Signal zu geben „Wir sind ein Einwanderungsland und wir wollen vernünftig damit umgehen“.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, drückte die Hoffnung aus, „dass wir das große Wort von der Willkommenskultur praktisch leben – auch über zwei, drei Wochen hinaus“. Wenn das gelinge, werde sich Deutschland verändern.

Misereor beklagt Abwehrhaltung der EU

Das katholische Entwicklungshilfswerk Misereor erklärte am Freitag in Aachen, die Zivilgesellschaft sei in ihrer „weitaus überwiegenden Willkommenshaltung“ weiter als die Politik. Das Hilfswerk forderte von der Europäischen Union (EU), die Abwehrhaltung gegenüber Flüchtlingen aufzugeben. „Wo bleiben der humanitäre Grundkonsens, eine gemeinsame menschenfreundliche Asylpolitik und ein entwicklungsförderndes Migrationskonzept?“, fragte der Misereor-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon.

„Vielmehr fordert es eine neue Kultur des Willkommens für die Fremden sowie des Teilens und des Mitgefühls.“

—  Zitat: Martin Bröckelmann-Simon, Misereor

Die angestiegenen Flüchtlingszahlen in Deutschland seien zwar eine große sozialpolitische Herausforderung, aber  kein Grund zur Klage oder Angst. „Vielmehr fordert es eine neue Kultur des Willkommens für die Fremden sowie des Teilens und des Mitgefühls. Das ist einerseits eine politische Herausforderung für die EU – aber ebenso auch eine Aufgabe für uns alle und ein Gebot der Menschlichkeit“, so Bröckelmann-Simon.

Rund 86 Prozent der weltweit 60 Millionen Flüchtlinge und Vertriebenen lebten in Entwicklungsländern – zwei Drittel davon in ihrem eigenen Land. In den EU-Staaten seien lediglich zwei Millionen Flüchtlinge registriert, betonte der Misereor-Geschäftsführer. „Wenn Deutschland hingegen der Libanon wäre, dann wären hier umgerechnet in den letzten drei Jahren rund 25 Millionen Flüchtlinge aus dem Nachbarland angekommen.“

Auch der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, zeigte sich überzeugt, dass die Bundesrepublik „eine größere Zahl von Zuwanderern, auch mit muslimischem Hintergrund“ aufnehmen und in die Gesellschaft integrieren könne. (lek mit KNA/Misereor)