Bischof Ackermann: Syrien-Einsatz gut abwägen
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Bischof Ackermann: Syrien-Einsatz gut abwägen

Terrorismus ‐ Heute wird der Bundestag über einen Militäreinsatz gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ in Syrien entscheiden. Vor der Abstimmung wirbt der Justitia-et-Pax-Vorsitzende Bischof Ackermann für eine differenzierte Betrachtung der Lage. Von der katholischen Friedensbewegung Pax Christi kommt indes ein klares „Nein“ zum Syrien-Einsatz.

Erstellt: 04.12.2015
Aktualisiert: 12.09.2022
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Vor der Bundestagsabstimmung über eine mögliche Beteiligung der Bundeswehr am Militäreinsatz gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) in Syrien wirbt die katholische Kirche für eine differenzierte Betrachtung der Lage. „Das verstärkte - auch militärische - deutsche Engagement im Kampf gegen den IS bedeutet die Übernahme langfristiger Verantwortung in der Region“, erklärte der Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax, Bischof Stephan Ackermann, am Freitag in Bonn. Ziel müsse eine Entwicklungs- und Versöhnungsperspektive für die betroffene Region sein.

Ackermann warnte zugleich davor, sich in „unübersichtliche Verhältnisse“ hineinziehen zu lassen, „die kaum eine konstruktive Perspektive erkennen lassen“. Die Erfahrungen im Irak und in Afghanistan bestärkten diese Skepsis. „Es ist daher dringend notwendig, eine international getragene Perspektive zur Bekämpfung des IS und zur Beendigung des Krieges in Syrien zu entwickeln.“

Frankreich nicht allein lassen

Die Anschläge auf Paris vor drei Wochen hätten die Erschütterung der europäischen Werte zum Ziel gehabt, so Ackermann weiter. Die Auseinandersetzung mit den Terroristen sei kein „klassischer“ Konflikt etwa um geopolitischen Einfluss. „Es ist eine fundamentale und im Letzten existenzielle Auseinandersetzung um unser freiheitliches Verständnis von Menschenwürde und Menschenrechten“, betonte der Trierer Bischof. Diese Auseinandersetzung müsse mit „langem Atem, Entschlossenheit sowie Augenmaß“ geführt werden.

Das französische Volk dürfe mit seiner Verletzung durch die Terroranschläge nicht allein gelassen werden. Um langfristig handlungsfähig zu bleiben, sei eine verstärkte europäische Zusammenarbeit notwendig – wo zielführend auch militärisch. „Vor diesem Hintergrund ist die geplante militärische Beteiligung der Bundesrepublik gut nachvollziehbar, wahrscheinlich sogar geboten“, so der Trierer Bischof.

Ackermann: Militärische Mittel nicht die einzige Maßnahme gegen Extremismus

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Gleichzeitig warnte Ackermann davor, „die Entwicklungen in der Region nur noch durch die Brille unserer eigenen Bedrohung zu sehen. Sonst verlieren wir den Blick für die Möglichkeiten, die Gewalt zu beenden und den Menschen in der betroffenen Region zu neuen Lebensperspektiven zu verhelfen.“

Militärische Mittel könnten also nicht die einzige Maßnahme gegen die Extremisten sein. Sie könnten eine wichtige Funktion bei der Eindämmung des IS spielen, wenn sie in ein tragfähiges politisches Konzept eingebunden seien. „Die Lösung bringen können sie nicht“, betonte der Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax.

Die Verteidigung der europäischen Werte zeige sich vielmehr auch bei ihrer praktischen Anwendung, führte Ackermann weiter aus. Ein Beispiel dafür sei die Flüchtlingsfrage. „Nur ein Europa, das in dieser Situation konsequent an Menschenwürde und Menschenrechten Maß nimmt, wird jene Glaubwürdigkeit zeigen, die in der jetzigen Situation von ihm verlangt ist.“

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zeigte sich vor der Abstimmung im Bundestag beunruhigt. Wenn Deutschland in einen Krieg hineingehe, sollte dies „nicht nur hoffnungsfroh machen, sondern auch traurig“, sagte er in München. Die Krise sei allein mit Gewalt nicht zu lösen. „Ohne langfristige Idee wird es keinen Frieden geben, die Zahl der Flüchtlinge wird noch steigen“, so Marx.

Bischof Algermissen gegen möglichen Syrien-Einsatz

Der Präsident der katholischen Friedensbewegung Pax Christi, Bischof Heinz Josef Algermissen, warnte vor der Bundestagsabstimmung vor einer Kriegsbeteiligung. Dies wäre „ein militärisches Abenteuer“ ohne absehbares Ziel und Ende, und das „in einer Region, wo bereits viele Akteure bombardieren und kämpfen“, sagte Algermissen am Freitag in Berlin. Damit würde Deutschland sich „von seiner Entscheidung für zivile Wege in der Politik“ entfernen.

Die Bundesregierung will bis zu 1.200 Soldaten für den Einsatz in Syrien bereitstellen. Damit will Deutschland den Kampf gegen den IS unterstützen. Der Beschluss ist eine Reaktion auf die jüngsten Anschläge in Paris, zu denen sich die islamistische Terrorgruppe bekannte. Das Mandat, über das der Bundestag am Freitag entscheiden soll, ist zunächst auf ein Jahr befristet. Die Kosten für den Einsatz werden mit 134 Millionen Euro beziffert. (lek/KNA)

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