Mission 21
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Mission 21

IWM-Jahrestagung ‐ Wie kann Kirche im 21. Jahrhundert missionarisch sein? Diese Frage stellte eine gemeinsame Tagung des Institut für Weltkirche und Mission und der Katholischen Arbeitsstelle für missionarische Pastoral Anfang März in Frankfurt. Die Teilnehmenden ließen sich dabei von einem Missionskonzept aus Asien inspirieren und machten deutlich: Mission ist keine Einbahnstraße.

Erstellt: 17.03.2016
Aktualisiert: 17.03.2016
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Wenn Jesus die Antwort ist: Was ist die Frage? Diese Teilnehmerreaktion bringt auf den Punkt, was die Tagung „Mission 21. Das Evangelium in neuen Räumen erschließen“ anstoßen wollte: ein neues Nachdenken über Mission, das weniger von einer zu verkündenden Wahrheit ausgeht, sondern von dem her, was die Menschen bewegt, was ihr Leben in verschiedenen Räumen (geografisch, sozial, kulturell, religiös …) prägt. Dazu hatten das Institut für Weltkirche und Mission (IWM) und die Katholische Arbeitsstelle für missionarische Pastoral (KAMP) nicht nur namhafte Referenten, sondern auch Gesprächspartner aus verschiedenen Kontinenten für den 8. bis 10. März 2016 nach Frankfurt am Main eingeladen.

Den Ausgangspunkt bildete das Missionsparadigma „missio inter gentes“, das Prof. Jonathan Y. Tan (Cleveland/USA) vorstellte. Es ist ein Konzept aus Asien, das die Minderheitserfahrung der dortigen Christen aufgreift und produktiv verarbeitet: Im Gegensatz zu einem traditionellen Schema „missio ad gentes“ – also einer Einbahnstraße, bei der das Evangelium von Europa nach Asien exportiert wird – versteht „missio inter gentes“ Mission als kommunikativen Lernweg zwischen einer großen Vielfalt an Völkern, Kulturen und Religionen.

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Keine Missionierung von oben herab

Diese Notwendigkeit, das traditionelle Schema einer Missionierung von oben herab zu überwinden, sondern sich in der missionarischen Begegnung zuerst einmal als Lernende zu verstehen, vertiefte der Vortrag von Prof. Roman A. Siebenrock (Innsbruck) vor allem vom Zweiten Vatikanischen Konzil her. Die erste Adresse der christlichen Botschaft ist die Kirche selbst, will sie es denn wert sein, nach dem Grund ihrer Hoffnung, aber auch ihres Lebensstils und ihres Verhaltens gefragt zu werden.

„Missio inter gentes im Licht von Evangelii gaudium“ – so war schließlich der Vortrag von P. Dr. Markus Luber, dem kommissarischen Direktor des IWM, überschrieben. Luber arbeitete Verbindungslinien und Gemeinsamkeiten zwischen der Enzyklika „Evangelii gaudium“ von Papst Franziskus und dem asiatischen Missionskonzept heraus. Zugleich hob er Kriterien der Unterscheidung hervor, die das pastorale Tun lenken und Fehlentwicklungen vermeiden können:

  • Integralität als Gegensatz zu ausschließenden und elitären Tendenzen, die das „Zentrum“ gegen Impulse aus der „Peripherie“, die Selbstverständlichkeiten in Frage stellen, zu immunisieren versuchen;
  • Humanität – das Reich Gottes verwirklicht sich da, wo Christen dem Auftrag zur Humanisierung von Kultur und Gesellschaft nachkommen;
  • Partikularität als Ernstnehmen der jeweiligen Kulturen, als wahrhaftes Eintauchen in die Lebenswirklichkeiten der Menschen, das Kirche nicht unberührt und unverändert lässt.

Den Veranstaltern war es wichtig, nicht in „Einbahnkommunikation“ zu verbleiben, sondern – durchaus analog zum Konzept „missio inter gentes“ – mit den Teilnehmenden eine „Lern- und Glaubensgemeinschaft auf Zeit“ zu bilden. Geistliche Elemente wie Abendgebet, Bibelteilen und Eucharistiefeier waren integraler Teil des Tagungsprogramms und brachten das Gehörte, Erlebte, Gedachte und Diskutierte immer wieder vor Gott.

Weiterhin bestand Gelegenheit zu Diskussion und Reflexion und zum Einbringen eigener Erfahrungen. So stand der zweite Tag im Zeichen der Arbeit in Foren zu aus der Enzyklika „Evangelii gaudium“ abgeleiteten „theologischen Orten“:

  • Urbanisierung und Stadtkulturen,
  • Volksfrömmigkeit,
  • Armut und Marginalisierung und
  • Geschlechterrollen und Familie.

Die Fülle der Themen und Eindrücke ein Stück weit zu bündeln, war Aufgabe von Prof. Maria Widl, Pastoraltheologin an der Universität Erfurt. Für ihren Vortrag am Abschlusstag hatte sie das Tagungsgeschehen beobachtet und „Gedankensplitter und Thesen zu einer Zusammenschau aus pastoraltheologischer Perspektive“ zusammengestellt. Besonders inspirierend war für  die Teilnehmenden Widls Vorschlag eines „praktischen Theologisierens“. Dieser lautete, statt der Entwicklung einer theoretischen Systematik der Glaubenslehre vielmehr deren Entfaltung „an konkreten (auch banal erscheinenden) Alltagsfragen“ in den Blick zu nehmen – etwas, was Theologinnen und Theologen erst einmal lernen müssen: das Christliche in anderen Kontexten wahrzunehmen und am Leben der Menschen orientiert zu durchdenken.

Von Martin Hochholzer, Katholische Arbeitsstelle für missionarische Pastoral (KAMP)

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