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Hoffen auf Frieden in Kolumbien

Kolumbien ‐ Nach mehr als 50 Jahren Krieg in Kolumbien soll es am 23. März zur historischen Unterschrift unter einen Friedensvertrag zwischen der Regierung und der Rebellengruppe FARC kommen. Auf dem Weg zum Frieden wird sich das Land jedoch noch etwas gedulden müssen, befürchtet das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat.

Erstellt: 22.03.2016
Aktualisiert: 22.03.2016
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Nach mehr als 50 Jahren Krieg in Kolumbien soll es am 23. März zur historischen Unterschrift unter einen Friedensvertrag zwischen der Regierung und der FARC, der größten Guerillabewegung des Landes, kommen. Das Land wird sich jedoch noch etwas gedulden müssen, befürchtet der Kolumbien-Experte des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Thomas Jung.

Zu viele Punkte seien offen, unter anderem im Hinblick auf die Entwaffnung der FARC. „Der Vertragsschluss wird aber kommen. Vermutlich nicht am 23. März, aber in den nächsten Monaten“, sagte Jung, der selbst 27 Jahre in Kolumbien gelebt und gearbeitet hat. Das Misstrauen zwischen den beteiligten Parteien sei enorm groß, die Zivilgesellschaft gespalten. Nun wieder Vertrauen zu schaffen, brauche seine Zeit.

In Kolumbien bekriegen sich seit mehr als 50 Jahren Guerilla-Bewegungen, Paramilitärs, Drogenhändler sowie Streitkräfte und Polizei. Laut dem Lateinamerika-Hilfswerk wurden bisland sieben Millionen Menschen infolge der Gewalt aus ihren Dörfern vertrieben, mehr als 200.000 wurden getötet.

Kolumbien sei durch und durch beherrscht von ökonomischen Interessen, erklärte Adveniat-Experte Thomas Jung. Die Polizei sei eine der korruptesten Institutionen im ganzen Land. Beim Drogen- und Waffenhandel verschwänden selbst zwischen Gegenspielern wie Rebellen, Militär und Paramilitär die feindlichen Grenzen. „Es geht kaum noch um idealistische Interessen, sondern nur noch um wirtschaftliche Macht“, sagte Jung. Macht, die durch Gewalt manifestiert werde.

Wie Frieden und Versöhnung geschaffen werden können

Um im Land den Frieden dauerhaft zu sichern, bedarf es dem Adveniat-Experten Thomas Jung zufolge auch eines wirtschaftspolitischen Wandels. „Solange der kolumbianische Staat darauf setzt, Menschen und Natur auszubeuten, indem er auf verantwortungslose Weise Rohstoffe abbaut oder rechtschaffene Menschen in die Kriminalität abrutschen, weil sie keine andere Perspektive haben, als Coca anzubauen, kann es keinen dauerhaften Frieden im Land geben.“

Die Hoffnungen lägen derzeit vor allem auf der letzten glaubwürdigen Institution: „Die katholische Kirche ist in Kolumbien überall präsent, die Menschen vertrauen ihr“, erklärte Jung in einem Interview mit dem Kölner „Domradio“. Vor allem die kirchlich koordinierte Nationale Versöhnungskommission habe ein wesentliches Fundament gelegt. „Das Kernelement des Friedensprozesses ist und bleibt die Versöhnung“, betonte Jung. Dabei müssten die acht Millionen Opfer des Bürgerkriegs und ihre Angehörigen im Mittelpunkt stehen.

„Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Menschen nicht weiterhin Objekte ihrer Angst und des Hasses sind, wodurch sie nicht frei und offen für die Zukunft sein können; vielmehr sind sie dazu zu ermächtigen, Subjekte ihrer Gesellschaft zu sein. Dazu können nur Verzeihen und Versöhnung beitragen und die Bibel dabei als befreiendes Werkzeug genutzt werden“, sagte der Adveniat-Experte.

Appell an die Bundesregierung

Indes haben deutsche Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen die Bundesregierung am Dienstag aufgerufen, den Friedensprozess in Kolumbien langfristig zu unterstützen. Grundsätzlich seien die Gespräche zwischen FARC und der Regierung auf einem guten Weg, erklärten Caritas international, terre des hommes und „kolko – Menschenrechte für Kolumbien“ in Freiburg.

Wichtig sei es, jungen Menschen und ehemaligen Soldaten „ernsthafte Zukunftsperspektiven“ zu eröffnen, so die Hilfsorganisationen. Die Bundesrepublik solle deshalb „effektive Widereingliederungsprogramme und die Friedenserziehung in Kolumbien fordern und fördern“. (vk/KNA/Adveniat)

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