Missionare im Gespräch

Missionare im Gespräch

Orden ‐ Warum wird jemand Missionar? Was bedeutet es, fern der Heimat in einer fremden Kultur den Glauben zu verkünden? In einer Filmporträtreihe der Jesuitenmission erzählen deutsche Jesuiten in Indien, Japan, Indonesien und Simbabwe von ihrem Leben und ihrem Missionsverständnis.

Erstellt: 23.03.2016
Aktualisiert: 04.01.2023
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Warum wird jemand Missionar? Was bedeutet es, fern der Heimat in einer fremden Kultur den Glauben zu verkünden? In einer Filmporträtreihe der Jesuitenmission erzählen deutsche Jesuiten in Indien, Japan, Indonesien und Simbabwe von ihrem Leben und ihrem Missionsverständnis.

Mission als Austausch von Gaben

Für Pater Adolfo Nicolás, den Generaloberen der Jesuiten, ist Mission ein Austausch von Gaben: „Ein Missionar versucht, Gott in allen Dingen zu sehen, auch in den Menschen, denen er begegnet, und gleichzeitig tauscht er mit ihnen aus, was er hat. Mission besteht in der Hingabe des Missionars, sich selbst zu verändern und zu wandeln.“ Jeder unserer Missionare hat dies auf seine Art umgesetzt. In unserer Reihe „Missionare im Gespräch“ kommen sie zu Wort und geben Einblicke in ihr Leben und Denken.

 

„Das war ganz klar für mich: Missionar zu werden, ist meine Berufung.“ Matthias Altrichter sitzt auf einem kleinen Felsen. Es ist Trockenzeit in Indien, dürre Gräser und Sträucher untermalen dies. Seit vierzig Jahren ist Pater Altrichter als Missionar im Land und erinnert sich noch genau an den ersten Abend in seiner neuen Heimat. Bei einem Spaziergang durch die Stadt sieht er ein Lumpenbündel am Wegesrand, das sich bei genauerer Betrachtung als Mensch entpuppt: „Der Straßenrand war das Zuhause dieses Menschen, umgeben von Ratten und Kakerlaken. Das hat mich nie ganz losgelassen.“ Missionar zu sein, bedeutet für Pater Altrichter, sich auf den Alltag der Menschen am Rande der Gesellschaft einzulassen.

Ein aufrüttelnder Brief

Seit ihrer Gründung begreifen sich die Jesuiten als Missionsorden. Berühmt geworden ist ein Brief des ersten Jesuitenmissionars Franz Xaver, den er im Januar 1544 aus dem fernen Indien an seine Ordensbrüder in Rom schreibt. In einer Passage schreit es aus ihm heraus: Warum können die Studenten in Europa nicht mit demselben Eifer, den sie auf ihre Studien verwenden, dem Ruf Gottes folgen und in die Missionen aufbrechen, um das Evangelium zu verkünden und Seelen zu retten? Der heilige Franz Xaver weckt damit einen ungeahnten Missionseifer und in den folgenden Jahrhunderten gehen Jesuiten hinaus in alle Welt. Von den deutschen Jesuitenmissionaren in Indien, Indonesien, Japan und Simbabwe leben noch 37. Die meisten sind weit über 70 Jahre und können auf ein bewegtes Leben zurückschauen. Sie haben so vieles miterlebt: den Wandel im Missionsverständnis, den Aufbau lokaler Kirchen, demokratische Aufbrüche, unterdrückende Diktaturen, Armut, Zerstörung, Hoffnung, Enttäuschung, gesellschaftlichen Wandel. Ihnen zuzuhören, ist faszinierend.

Wie ich zu den Jesuiten kam

Bild: © Jesuitenmission

„Die unmittelbare Zeit nach dem zweiten Weltkrieg war schlimm. Es gab wenig zu essen, es gab kein Brennholz und es war unglaublich kalt. Köln lag in Trümmern, und wir waren eigentlich Straßenkinder. Wir sind Holzsammeln gegangen in der Trümmerlandschaft, wir waren immer auf der Suche nach Kohlen und nach Essen. Und dann lernten wir die jungen Jesuiten aus der Stolzestraße kennen, die uns von der Straße auflasen und uns umsonst Unterricht gaben, weil auch die Schulen in Trümmern lagen. Das hat mir damals wahnsinnig imponiert, diese Selbstlosigkeit. So reifte in mir der Entschluss, dass ich etwas Ähnliches tun möchte. Und so bin ich nach dem Abitur am Aloisiuskolleg in den Orden eingetreten und habe mich dann für die Mission gemeldet.“

Pater Lorenz von Walter hat in Simbabwe viele Jahre die Schule St. Albert´s geleitet und während des Befreiungskrieges die Entführung von Internatsschülern miterleben müssen.

Was für mich Mission ist

„Für mich ist Mission der Versuch, den Menschen in die Freiheit zu führen, damit er auf der Grundlage von Werten seine eigene Entscheidung trifft. Das ist in den meisten Gegenden nicht so einfach. Und natürlich fand ich das nicht so einfach hier in Simbabwe, damals Rhodesien. Die moralischen Entscheidungen sind noch weitgehend diktiert durch den Ahnenkult. Die Ahnen sind verantwortlich für meine Handlungsweise. Die Ahnen bestrafen mich, wenn ich mich nicht recht verhalte. Wenn ich ausbrechen will aus dieser Kontrolle, wird mir wahrscheinlich irgendwas passieren, ich werde krank oder habe ein Unglück. Das Gericht der Ahnen wird über mich herfallen und ich bin also nicht frei. Ich meine, dass der Sinn von Mission ist, nicht diese Angst als Maßstab zu nehmen, sondern Werte. So dass der Mensch wirklich zu sich selbst heranwächst.“

Pater Konrad Landsberg hatte in Simbabwe ganz verschiedene Aufgaben und ist momentan für Exerzitienarbeit und die Gemeinschaft Christlichen Lebens verantwortlich.

Kirchenmusik in Indonesien

„Ich habe nie Musik studiert, aber von Haus aus habe ich schon mit acht Jahren Klavier gespielt und mit 13 Jahren dann mit der Orgel angefangen. Das war eigentlich die Ausbildung, die ich mit nach Indonesien gebracht habe. Erst 1967 begann ich dort mit dem Theologiestudium, da durch den Kommunistenputsch alles durcheinander ging und das Schuljahr verschoben wurde. 1967 war das Konzil in Rom schon zu Ende und uns war klar, dass sich auch die Liturgie und die Kirchenmusik verändern werden. Man hat mich dann gebeten, indonesische Lieder zu komponieren und das war der Anfang meiner Berufung als Kirchenmusiker hier in Indonesien. Im Konzil hat man sehr viel davon geredet, dass man eine Inkulturation braucht, also eine Verwurzelung der Liturgie in der Kultur. Und die Kirchenmusik konnte hier sehr gut Fuß fassen in der javanischen Musik.“

Pater Karl-Edmund Prier hat sein Leben in Indonesien der Kirchenmusik gewidmet und ist ein Pionier für inkulturierte Musik geworden.

Bild: © Jesuitenmission

Philosophie als Grundlage

„Die grundsätzlichen Entscheidungen in meinem Leben waren sicher der Ordenseintritt und dann die Entscheidung, mich für Japan zu bewerben. Ich wollte den Glauben dorthin bringen, wo er wenig bekannt war, und zwar auf die Art, wie es mir liegt, also denkerisch verarbeitet. Wir sind in Japan sehr gut aufgenommen worden, sehr freundlich, in der Kirche, im Orden, aber auch von den Leuten, mit denen man allmählich bekannt wurde. Ich habe dann mit dem Theologiestudium begonnen und war gleichzeitig Dozent für Philosophie. Die Studenten wunderten sich damals, dass die Philosophie so einfach sei. Aber mit meinem Sprachschul- Japanisch konnte ich schwierige Dinge überhaupt noch nicht ausdrücken. Ich habe dann 40 Jahre hier an der Sophia-Universität Philosophie unterrichtet. Ich versuche vor allen Dingen, das Christentum zusammen mit einer geistigen Fundierung auch ins eigentliche Leben hineinzuführen und dadurch komme ich sehr eng mit den Menschen in Verbindung.“

Pater Klaus Riesenhuber ist in Japan nicht nur Philosophieprofessor geworden, sondern hat sich auch intensiv mit dem Zen-Buddhismus auseinandergesetzt und 1987 von Pater Enomiya Lassalle die Leitung des Zen-Zentrums übernommen.

Beweggründe für die Taufe

„Das Interessante ist ja, dass Japaner kein Problem damit haben, zur gleichen Zeit Shintoist, Buddhist und Christ zu sein. Japaner denken in dem Sinn nicht kirchlich. Ich glaube nicht, dass sie nicht an Gott glauben. Aber es ist natürlich die Frage, wie man über Gott redet. Es gibt eine Geschichte von Pater Pedro Arrupe, die ich mal gehört habe. Pater Arrupe taufte einen alten Mann und es kam die Frage auf, wieso er sich hat taufen lassen. Und Pater Arrupe meinte, dass er ihm Unterricht gegeben habe und die ganzen Gottesbeweise ihn wohl beeindruckt haben müssten. Und darauf sagte der alte Mann: ‚Nein, von Ihren Gottesbeweisen habe ich nichts verstanden. Aber ich kenne Sie schon 20 Jahre. Und da habe ich für mich gedacht: Was für Sie okay ist, ist auch für mich okay. Deshalb habe ich mich taufen lassen.‘ Und ich glaube, das ist bei vielen der Hintergrund. Da ist irgendein Suchen, man hat Leute als Vorbild gehabt und sagt dann: Ja, gut, das ist auch okay für mich.“

Pater Hans Wehmeyer fühlte sich schon seit seiner Kindheit zu Japan hingezogen und ist 1965 als Missionar nach Japan gekommen.

Mission als Austausch von Gaben

Für Pater Adolfo Nicolás, den Generaloberen der Jesuiten, ist Mission ein Austausch von Gaben: „Ein Missionar versucht, Gott in allen Dingen zu sehen, auch in den Menschen, denen er begegnet, und gleichzeitig tauscht er mit ihnen aus, was er hat. Mission besteht in der Hingabe des Missionars, sich selbst zu verändern und zu wandeln.“ Jeder der Jesuiten-Missionare hat dies auf seine Art umgesetzt. In der Reihe „Missionare im Gespräch“ kommen sie zu Wort und geben Einblicke in ihr Leben und Denken.

Aus: Jesuiten weltweit. Ausgabe Ostern 2016. Mit freundlichem Dank für die Abdruckgenehmigung.

© Jesuitenmission

 

DVD zur Filmporträtreihe: Missionare im Gespräch

Bild: © Jesuitenmission

Die deutschen Missionare, die der Jesuitenorden in die Welt entsandt hat, sind und waren Brückenbauer. Auf drei DVDs berichten sie von ihrem Leben für Glaube und Gerechtigkeit. Die Jesuitenmission schickt Ihnen die DVD (Umfang insgesamt 42 Filme) gerne kostenfrei zu und freut sich über eine Spende. Wenden Sie sich für die Bestellung an: prokur@jesuitenmission.de oder 0911 2346-160.