Kirche in der Mongolei weiht ersten einheimischen Priester
Mongolei ‐ Mit gerade einmal 24 Jahren ist die katholische Kirche in der Mongolei die jüngste der Welt. Am Sonntag weiht sie ihren ersten einheimischen Priester. Für den örtlichen Bischof ist der Priesteramtskandidat Joseph Enkhee Baatar genau die richtige Wahl.
Aktualisiert: 26.08.2016
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Mit gerade einmal 24 Jahren ist die katholische Kirche in der Mongolei die jüngste der Welt. Nur 1.300 Katholiken gibt es in dem zentralasiatischen Land, das viereinhalbmal so groß wie Deutschland ist, aber nur drei Millionen Einwohner hat. Am 28. August weiht ihr Oberhaupt, Bischof Wenceslao Padilla, den ersten einheimischen Priester. Das Hilfswerk Missio sprach mit dem philippinischen Missionar über die Bedeutung der Priesterweihe für die junge Kirche im Land der Nomaden, in dem der Glaube zu Menschen kommt, die nie davon gehört haben und diejenigen, die davon gehört haben, „katholisch sein“ oft mit „arm sein“ gleichsetzen.
Frage: Die katholische Kirche in der Mongolei weiht ihren ersten einheimischen Priester. Wie wichtig ist diese Weihe für die Kirche? Und was bedeutet sie für Sie persönlich?
Bischof Wenceslao Padilla: Die Weihe hat für die Kirche überragende Bedeutung, da dies die erste Priesterweihe eines einheimischen Mannes in der Mongolei sein wird. Als Oberhaupt der katholischen Kirche in der Mongolei sehe ich dieses historische und bedeutende Ereignis als Begegnung Gottes mit seinem Volk in diesen weiten Steppen. Es erfüllt mich mit großer Freude und ich teile die Begeisterung unserer Gläubigen über das außergewöhnliche Ereignis.
Frage: Können Sie uns etwas über den Hintergrund des Priesteramtskandidaten, Joseph Enkhee Bataar, erzählen. Was zeichnet ihn aus?
Padilla: Joseph Enkhee Baatar ist der jüngste von drei Geschwistern. Er hat zwei ältere Schwestern. Sein Vater starb als er erst sieben Jahre alt war. Nach der Schule wollte er gleich in das Seminar eintreten, aber seine Familie, Freunde und ich rieten ihm, zuvor ein Studium abzuschließen. Er befolgte unseren Rat. Nach seinem Universitätsabschluss in Bio-Technologie an der Mongolischen Internationalen Universität sandte ich ihn ins Priesterseminar nach Daejeon in Südkorea, wo er erst Koreanisch lernte und dann acht Jahre lang studierte. Im Dezember 2014 wurde er zum Diakon geweiht und arbeitete danach in Korea und in der Mongolei.
Sein fester Glaube, seine Beharrlichkeit und sein starker katholischer Hintergrund sind Faktoren, die ihn den priesterlichen Weg einschlagen ließen. Seine Liebe zu Gott ist tief und seine Hingabe, anderen zu dienen, besonders den Armen, ist außergewöhnlich beeindruckend.
Frage: Was für Reaktionen erhielten Sie nach der Ankündigung, dass der erste einheimische Priester geweiht werden wird?
Padilla: Große Freude und Dankbarkeit waren die vorherrschenden Reaktionen. Die Freude über diese seltene Nachricht, dass der erste Mongole zum katholischen Priester geweiht wird, verbreitet sich in den kirchlichen Gemeinschaften wie ein Lauffeuer. Auch von außerhalb gratulierten die Leute. Sie sagten: „Na endlich, nach einem Vierteljahrhundert kirchlicher Präsens in der Mongolei, ist ein einheimischer Priester geboren… Gratulation!“
Frage: Gibt es schon einheimische Ordensschwestern oder Novizinnen?
Padilla: Noch gibt es keine. Die Kirche in der Mongolei ist noch eine „Baby-Kirche“. Sie beginnt gerade erst, an Stabilität zu gewinnen. Die jungen Leute in unserer Kirche sind erst in den vergangenen zehn Jahren getauft worden. Da es keine katholische oder christliche Umgebung gab, ist der christliche Glaube für die Menschen neu. Im Moment gibt es nur wenige Familien, in denen alle getauft sind. Unsere Strategie ist es, Priester für die lokale Kirche zu formen und nicht Mitglieder für die Orden. Frauen können in eine Schwestern-Kongregation eintreten, da es hier bislang keine lokale Gruppe von Schwestern gibt. Es gibt bereits Interessenten, die Priester oder Schwestern werden wollen. Zurzeit haben wir einen jungen Mann, der in seinem vierten Jahr im Seminar in Daejeon studiert. Eine junge Frau ist in der Phase der Entscheidungsfindung, ob sie ihrem Wunsch Schwester zu werden, folgen soll.
Frage: In welcher Weise kann Missio die einheimischen Berufungen unterstützen?
Padilla: Finanzielle Unterstützung ist uns sehr willkommen, denn wir müssen diejenigen, die den Wunsch haben Priester oder Schwestern zu werden, ins Ausland schicken. Wir haben hier nicht die Möglichkeiten, sie auszubilden. Es gibt keine Fakultät. Für all ihre materiellen Bedürfnisse muss die Apostolische Präfektur in Ulan Bator aufkommen. Doch vor allem brauchen sie unsere spirituelle Unterstützung durch Zuspruch und Gebete.
Frage: Wer sind die mongolischen Katholiken? Was für einen Hintergrund haben sie?
Padilla: Zu den Katholiken gehören Menschen aus den armen Bevölkerungsschichten bis hin zur Mittelklasse. Sie sind meist im mittleren Alter zwischen 15 und 40 Jahren. Rund Zweidrittel der Menschen, die zur Kirche kommen, sind arm, besonders diejenigen, die auf dem Land leben. Gebildete Leute fühlen sich noch nicht von der Kirche angezogen, denn sie nehmen die Kirche als eine Organisation armer Menschen wahr.
Unsere Gläubigen haben noch keinen so tiefen Glauben. Ihr Glaube ist leicht durch materialistische Verlockungen beeinflussbar. Das Konsumdenken ist gerade im Moment in der Gesellschaft, die sich von einer nomadischen in eine sesshafte wandelt, stark ausgeprägt. Von den 1.300 getauften mongolischen Katholiken besuchen 23 Prozent die Kirche nicht mehr regelmäßig.
In den kleineren Gemeinden nehmen oft mehr ungetaufte als getaufte Besucher an den Gottesdiensten teil. Sie suchen bei der katholischen Kirche Antworten auf die Frage nach dem Sinn des Lebens. Viele der Kinder, die an unseren Aktivitäten teilnehmen, sind nicht getauft.
Frage: Was ist die größte Herausforderung für die Kirche in der Mongolei? Und was ihr glücklichster Moment?
Padilla: Für mich ist es entscheidend, den Enthusiasmus der Menschen zu erhalten, ihren Glauben zu stärken. Es fehlt an Unterstützung und Anerkennung der zivilen Gesellschaft und der Regierung für die Kirche. Missionare und ihre Aktivitäten werden hinterfragt und stehen unter strenger Beobachtung.
Die Kirche in der Mongolei ist eine „Baby-Kirche“, die bis jetzt von den erwachsenen Kirchen im Ausland finanziell vollständig abhängig ist. Es gibt bislang kein lokales Einkommen. Die laufenden Projekte und Dienste zu erhalten, stellt eine gewaltige Herausforderung dar.
Die glücklichsten Momente sind die großen kirchlichen Feierlichkeiten, wenn die Kirchen voll sind und die, die sich von der Kirche distanziert haben, zurückkommen. Der Empfang der Sakramente, besonders die Taufe, gehört dazu. Und jetzt steht für die kirchliche Gemeinschaft ein besonders freudiges Ereignis bevor: die Weihe von Joseph Enkhee Baatar zum ersten einheimischen Priester.
Das Interview führte Bettina Tiburzy.
© Missio Aachen