„Mangelnde Papiere kein Mangel an Menschenwürde“
Menschen ohne Aufenthaltsrecht brauchen in Deutschland einen besseren Zugang zur Gesundheitsversorgung. Das fordert der Vorsitzende der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Stefan Heße, der zugleich Vorsitzender des Katholischen Forums Leben in der Illegalität ist.
Aktualisiert: 13.09.2022
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Menschen ohne Aufenthaltsrecht brauchen in Deutschland einen besseren Zugang zur Gesundheitsversorgung. Das fordert der Vorsitzende der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Stefan Heße, der zugleich Vorsitzender des Katholischen Forums Leben in der Illegalität ist. Er äußerte sich im Rahmen der XIII. Jahrestagung Illegalität, die an diesem Freitag zu Ende ging und bei der Fachleute aus Kirche und Nichtregierungsorganisationen, Verwaltung, Politik und Wissenschaft in der Katholischen Akademie in Berlin zusammenkamen.
Das Thema der Jahrestagung lautete: „Gesundheitsversorgung und aufenthaltsrechtliche Illegalität – Anspruch und Umsetzung“. „Mangelnde ‚Papiere‘ dürfen keinen Mangel an Menschenwürde bedeuten,“ so Erzbischof Heße. Aufgabe der Kirche sei es, „sich all derer anzunehmen, die – an den Rand unserer Gesellschaft gedrängt – im Verborgenen leben; ihnen eine Stimme zu verleihen; ihre Menschenwürde in Worten und Taten zu verteidigen“.
Mit Blick auf ein aktuelles Positionspapier des Katholischen Forums Leben in der Illegalität forderte der Erzbischof, „dass Menschen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität ihren Anspruch auf medizinische Grundversorgung ohne Furcht vor Aufdeckung ihres Status und Abschiebung geltend machen können“. Darüber hinaus müsse es allen schwangeren Frauen – unabhängig von ihrem Status – möglich sein, „ihr Kind frei von Angst auf die Welt zu bringen“ und die erforderliche Vor- und Nachsorge zu erhalten.
Bei einer Diskussion zwischen dem Kulturanthropologen Prof. Werner Schiffauer von der Europa-Universität Viadrina und dem Publizisten Dr. Alexander Grau stand die Frage nach dem Spannungsverhältnis zwischen nationalstaatlicher Souveränität und universalen menschenrechtlichen Verpflichtungen in Migrationsfragen im Zentrum. Fachvorträge widmeten sich unter anderem der Gesundheitsversorgung von Menschen „ohne Papiere“. Dabei wurde immer wieder auf die Kluft zwischen dem rechtlichen Anspruch auf medizinische Behandlung einerseits und der faktischen Umsetzbarkeit dieses Rechts andererseits hingewiesen.
Als Pilotprojekte wurden das niedersächsische Modell des „anonymen Krankenscheins“ sowie die Hamburger „Clearingstelle zur Gesundheitsversorgung von Ausländern“ vorgestellt. Prof. Winfried Kluth von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg lenkte den Blick auf verfassungsrechtliche Fragen, die mit der Gesundheitsversorgung von Kindern „ohne Papiere“ zusammenhängen.
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