
„90 Prozent der Geistlichen sind Ausländer“
Russland ‐ Der Sachse Clemens Pickel leitet künftig Russlands katholische Bischofskonferenz. Im Interview äußert sich der Bischof aus Saratow im Südwesten Russlands über die Zusammenarbeit mit der orthodoxen Kirche und dem russischen Staat.
Aktualisiert: 22.03.2017
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Der Sachse Clemens Pickel leitet künftig Russlands katholische Bischofskonferenz. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) äußert sich der Bischof aus Saratow im Südwesten Russlands über die Zusammenarbeit mit der orthodoxen Kirche und dem russischen Staat. Außerdem beschreibt er die Dimensionen der katholischen Kirche in Russland und erklärt, warum für ihn ein Papstbesuch in Moskau keine Priorität hat.
Frage: Sie haben sich schon vor Jahren für eine Reise des Papstes nach Moskau ausgesprochen. Welche Hindernisse gibt es dafür noch zu überwinden?
Pickel: Nun stempeln Sie mich nicht zum Pessimisten ab, wenn ich sage: Ein solches Treffen – unbedingt in Russland – hat für mich heute keine Priorität. Papstreisen sind Pastoralreisen. Dieser Aspekt hätte es heute bei einem Besuch in Moskau oder anderswo in Russland nicht leicht, sich zu behaupten. Unser Papst ist 80. Er hat seine Heimat seit seiner Wahl nicht besucht. Auch einfach menschlich gesehen sollten wir nicht oben auf seiner Liste stehen.
Frage: Der katholischen Kirche in Russland mangelt es an einheimischen Priestern. Setzen Sie weiter auf ausländische Geistliche?
Pickel: Ja. Wir brauchen die Hilfe von Priestern und Ordensleuten aus Ländern, in denen der Priestermangel kleiner ist als bei uns, sehr. Natürlich ist auch die Zahl der Katholiken bei uns klein. Aber die Entfernungen sind riesig: Stellen Sie sich Deutschland vor mit insgesamt nur zwölf Orten, an denen noch Priester wohnen – das sind unsere Dimensionen. In meinem Bistum sind 90 Prozent der Geistlichen Ausländer, was das Planen für die Zukunft erschwert, gleichzeitig aber mit großer Dankbarkeit erfüllt.
Frage: Welche Resonanz findet die vielen Russen ziemlich unbekannte katholische Minderheitenkirche bei der Jugend?
Pickel: Katholische Kirche ist dann Orgelmusik, Vatikan, Architektur. Man kennt sie, man schätzt sie. Oder kennt sie eben nicht. Und wo katholische Jugendliche unter anderen Jugendlichen leben, studieren, an etwas teilnehmen, werden sie in der Regel für ihr Zeugnis geachtet, denn es ist ehrlich und konstruktiv.
Das Interview führte Oliver Hinz, Katholische Nachrichten-Agentur (KNA)
© KNA
Frage: Herr Bischof, wie geht es Ihnen mit Ihrer neuen Aufgabe, der Leitung der Russischen Bischofskonferenz?
Pickel: Wir sind eine kleine Bischofskonferenz von vier Ortsbischöfen. Nun bin ich für die nächsten drei Jahre an der Reihe, unsere Sitzungen vorzubereiten, uns im Rat der Europäischen Bischofskonferenzen zu vertreten, mich um die Verbindung untereinander zu sorgen. Vorsitzender der Bischofskonferenz in Russland zu sein, ist etwas anderes als in Westeuropa. Dort geht es um andere Dimensionen und es läuft auch schon mal darauf hinaus, Liebling oder Zielscheibe der Medien zu sein. In der russischen Öffentlichkeit spielen Begriffe wie „Moskau“ und „Metropolit“ eine größere Rolle als „Saratow“ und „Bischofskonferenz“. Darum wird der Schwerpunkt meines Dienstes im Innerkirchlichen liegen, vermute ich.
Frage: In Moskau fordert das Erzbistum derzeit vor Gericht die Rückgabe der Peter-und-Paul-Kirche, die ihr vor fast 100 Jahren vom sowjetischen Regime genommen wurde. Wie gut funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat in Russland?
Pickel: In der Regel gut. Wir sind eine anerkannte Religionsgemeinschaft, was wir besonders historischen Gründen, aber auch den Persönlichkeiten der Päpste verdanken.
„Das Treffen von Papst Franziskus und Patriarch Kyrill am Flughafen von Havanna war und bleibt ein geschichtsschreibendes Ereignis.“
Frage: Hat die historische Begegnung des orthodoxen Moskauer Patriarchen Kyrill I. mit Papst Franziskus vor gut einem Jahr auf Kuba die Ökumene in Russland vorangebracht? Oder ist die Zusammenarbeit für viele orthodoxe Christen mit Katholiken weiter ein Unding?
Pickel: Das Treffen von Papst Franziskus und Patriarch Kyrill am 12. Februar 2016 am Flughafen von Havanna war und bleibt ein geschichtsschreibendes Ereignis. „Wir sind Brüder“, haben beide unterschrieben. Das war ein gewaltiger Schritt in den Beziehungen zwischen katholischer und russisch-orthodoxer Kirche. „Es war ein Anfang“, charakterisieren heute viele das Treffen und bemerken, dass nicht zusammen gebetet wurde. Immer wird es Pessimisten und Optimisten geben. Ich stehe auf der Seite derer, die sich sehr über jene brüderliche Begegnung freuen.
Frage: Sie haben sich schon vor Jahren für eine Reise des Papstes nach Moskau ausgesprochen. Welche Hindernisse gibt es dafür noch zu überwinden?
Pickel: Nun stempeln Sie mich nicht zum Pessimisten ab, wenn ich sage: Ein solches Treffen – unbedingt in Russland – hat für mich heute keine Priorität. Papstreisen sind Pastoralreisen. Dieser Aspekt hätte es heute bei einem Besuch in Moskau oder anderswo in Russland nicht leicht, sich zu behaupten. Unser Papst ist 80. Er hat seine Heimat seit seiner Wahl nicht besucht. Auch einfach menschlich gesehen sollten wir nicht oben auf seiner Liste stehen.
Frage: Der katholischen Kirche in Russland mangelt es an einheimischen Priestern. Setzen Sie weiter auf ausländische Geistliche?
Pickel: Ja. Wir brauchen die Hilfe von Priestern und Ordensleuten aus Ländern, in denen der Priestermangel kleiner ist als bei uns, sehr. Natürlich ist auch die Zahl der Katholiken bei uns klein. Aber die Entfernungen sind riesig: Stellen Sie sich Deutschland vor mit insgesamt nur zwölf Orten, an denen noch Priester wohnen – das sind unsere Dimensionen. In meinem Bistum sind 90 Prozent der Geistlichen Ausländer, was das Planen für die Zukunft erschwert, gleichzeitig aber mit großer Dankbarkeit erfüllt.
Frage: Welche Resonanz findet die vielen Russen ziemlich unbekannte katholische Minderheitenkirche bei der Jugend?
Pickel: Katholische Kirche ist dann Orgelmusik, Vatikan, Architektur. Man kennt sie, man schätzt sie. Oder kennt sie eben nicht. Und wo katholische Jugendliche unter anderen Jugendlichen leben, studieren, an etwas teilnehmen, werden sie in der Regel für ihr Zeugnis geachtet, denn es ist ehrlich und konstruktiv.
Das Interview führte Oliver Hinz, Katholische Nachrichten-Agentur (KNA)
© KNA