Postkolonialismus und Missionstheologie
Wissenschaft ‐ Vom 29. bis 31. März fand in Sankt Georgen die nun bereits siebte Jahrestagung des Instituts für Weltkirche und Mission (IWM) statt, diesmal zum Thema „Postkolonialismus und Missionstheologie“. Die Auseinandersetzung mit Geschichte, Struktur, Spätfolgen und Neuformierungen von Kolonialismus stellt in weltkirchlicher und missionswissenschaftlicher Hinsicht eine zentrale Herausforderung dar. 85 Prozent des Globus haben eine koloniale Vergangenheit und die Wunden dieser Geschichte wirken bis heute nach.
Aktualisiert: 19.12.2022
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Vom 29. bis 31. März fand in Sankt Georgen die nun bereits siebte Jahrestagung des Instituts für Weltkirche und Mission (IWM) statt, diesmal zum Thema „Postkolonialismus und Missionstheologie“. Die Auseinandersetzung mit Geschichte, Struktur, Spätfolgen und Neuformierungen von Kolonialismus stellt in weltkirchlicher und missionswissenschaftlicher Hinsicht eine zentrale Herausforderung dar. 85 Prozent des Globus haben eine koloniale Vergangenheit und die Wunden dieser Geschichte wirken bis heute nach.
Innerhalb der westlichen, insbesondere der US-amerikanischen Universitäten hat das Thema Kolonialismus in den letzten Jahrzehnten vor allem durch die sogenannten „Postcolonial Studies“ neue Aufmerksamkeit erfahren. Nach der Jahrtausendwende entstanden, ebenfalls in den USA, erste Ansätze einer „Postkolonialen Theologie“.
Im Zentrum postkolonialer Ansätze, die zumeist innerhalb von literatur- und geisteswissenschaftlichen Fakultäten vorangetrieben werden, steht dabei die Untersuchung des Kolonialismus als eines primär diskursiven Phänomens. Die Tagung des IWM stellte die erste Konferenz innerhalb der deutschsprachigen katholischen Theologie dar, die diesen Forschungsansatz zum Gegenstand einer konstruktiven und kritischen Auseinandersetzung machte, wobei der Fokus über die Auseinandersetzung mit den „Postcolonial Studies“ hinaus bewusst auch auf andere Formen der Analyse und des Umgangs mit Kolonialismus und Neokolonialismus geweitet werden sollte.
Das Programm der Tagung bildete den Versuch ab, der Vielschichtigkeit der Kontexte und theoretischen Bezugspunkte gerecht zu werden, die die theologische Auseinandersetzung mit post- und neokolonialen Situationen heute prägen. Vertreterinnen und Vertreter einer explizit „postkolonialen“ Theologie wurden dabei in ein Gespräch mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gebracht, die zwar ebenfalls auf die Herausforderungen post- und neokolonialer Kontexte reflektieren, dies jedoch in Bezug auf andere (befreiungstheologisch, interkulturell oder indigen inspirierte) Ansätze tun.
Dadurch sollten Engführungen in den jeweiligen Ansätzen aufgebrochen werden und gegen die Gefahr geschichtlicher Amnesie die lange und breite Tradition (bisweilen auch theoretisch äußerst anspruchsvoller) antikolonialer Widerstandsbewegungen in den unterschiedlichen Kontexten in den Blick gebracht werden. Die Integration unterschiedlicher disziplinärer und konfessioneller Blickwinkel sowie die Verschränkung von Perspektiven unterschiedlicher geografischer Kontexte machten die Tagung zu einer gleichermaßen interdisziplinären, ökumenischen und interkulturellen Tagung.
Zu den Referenten gehörten unter anderen Juan Manuel Contreras Colín (Universidad Autónoma de la Ciudad de México, Mexiko), Musa Dube (Botswana University, Botswana), Raúl Fornet-Betancourt (ISIS-Institut, Eichstätt), Leela Gandhi (Brown University, USA) und Norbert Hintersteiner (Universität Münster).
Weitere Informationen zur Tagung (Programm, Referenten, Konzept) sind auf der Tagungshomepage verfügbar.
Von Sebastian Pittl, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Weltkirche und Mission
© Institut für Weltkirche und Mission (IWM)