Orthodoxe Patriarchen beraten über ukrainische Kirche
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Orthodoxe Patriarchen beraten über ukrainische Kirche

Friedensarbeit ‐ Das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel, hat am Freitag in seiner Residenz in Istanbul den russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. empfangen.

Erstellt: 31.08.2018
Aktualisiert: 31.08.2018
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Das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel, hat am Freitag in seiner Residenz in Istanbul den russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. empfangen.

Es ist die erste Begegnung der beiden Kirchenoberhäupter seit mehr als vier Jahren. Im Mittelpunkt der Unterredung soll nach Angaben russischer Medien der Streit um eine mögliche Abtrennung der ukrainischen von der russischen Kirche stehen.

Beide Patriarchen betonten zu Beginn des Treffens, ihnen sei die Einheit der orthodoxen Kirche wichtig. "Wir glauben an die Kraft des Dialogs", sagte Kyrill I. nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Interfax.

Zwischen Bartholomaios I. und Kyrill I. war es in der Vergangenheit zu schweren Verstimmungen gekommen. 2016 blieb die russische Kirche, die mit Abstand größte orthodoxe Landeskirche, dem ersten Panorthodoxen Konzil seit Jahrhunderten fern. Kyrill I. hatte die Absage der Konzilsteilnahme damit begründet, dass der Kurs von Bartholomaios I. die Orthodoxie zu spalten drohe.

Der ukrainische Staatspräsident Petro Poroschenko und das Parlament in Kiew hatten im April an den Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel appelliert, der orthodoxen Kirche des Landes die Autokephalie (Eigenständigkeit) zu verleihen. Während sich Bartholomaios I. offen für diesen Schritt zeigte, lehnte Kyrill I. die Unabhängigkeit der ukrainischen Kirche ab. Die Oberhäupter mehrerer orthodoxer Landeskirchen schlossen sich dem Moskauer Standpunkt an.

Im Zuge der Unabhängigkeitserklärung der Ukraine 1991 hatte sich die orthodoxe Kirche des Landes gespalten. Seither ringen die dem Moskauer Patriarchat unterstehende ukrainisch-orthodoxe Kirche und das 1992 gegründete Kiewer Patriarchat um die Vormachtstellung in der Ukraine. In dem Land wird angesichts des Krieges in der Ostukraine zwischen von Moskau unterstützten Separatisten und ukrainischen Regierungstruppen der Ruf nach einer von Russland unabhängigen orthodoxen Kirche lauter.

Rund 70 Prozent der Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Bisher erkennen das Ökumenische Patriarchat und die mehr als ein Dutzend orthodoxen Landeskirchen offiziell nur die russisch-orthodoxe Kirche an, die in der Ukraine über die meisten Pfarreien verfügt. In der Orthodoxie bilden die zurzeit 14 autokephalen Kirchen gleichberechtigte Glieder einer Glaubens- und Sakramentengemeinschaft. Zu den Vorrechten Konstantinopels gehören die Gewährung der Autokephalie und andere Aufgaben; allerdings kein Jurisdiktionsprimat, wie ihn der römische Papst für sich in Anspruch nimmt.

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