Superwahljahr in Westafrika
Afrika ‐ Zwischen Oktober und Dezember stehen Präsidentschaftswahlen in Guinea, Elfenbeinküste, Burkina Faso, Ghana und Niger an. Schon jetzt deuten Proteste und fehlende Sicherheit auf einen vielfach schwierigen Urnengang hin.
Aktualisiert: 21.11.2022
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Zwischen Oktober und Dezember stehen Präsidentschaftswahlen in Guinea, Elfenbeinküste, Burkina Faso, Ghana und Niger an. Schon jetzt deuten Proteste und fehlende Sicherheit auf einen vielfach schwierigen Urnengang hin.
Die Entscheidung von Alassane Ouattara wird mit Spannung erwartet. Will sich der 78-Jährige nur immer wieder von seinen Anhängern bitten lassen – oder überlegt er tatsächlich noch, ob er am 31. Oktober erneut für das Präsidentenamt in der Elfenbeinküste kandidieren soll?
Ursprünglich hätte Ministerpräsident Amadou Gon Coulibaly als Kandidat für die Regierungspartei RHDP (Sammlung der Houphouetisten für Demokratie und das Volk) ins Rennen gehen sollen – doch starb er Anfang Juli überraschend. Seitdem sind die Stimmen immer lauter geworden, dass Ouattara erneut antreten müsse. Ende vergangener Woche erbat er sich nun ein paar Tage Bedenkzeit. Beobachtern zufolge gilt eine Absage aber als unwahrscheinlich.
Dass Ouattara nach zwei Amtszeiten erneut kandidieren kann, macht eine Verfassungsänderung aus dem Jahr 2016 möglich. Nach einigen Spekulationen hatte der Präsident 2018 allerdings ein drittes Mandat zunächst abgelehnt. In der Elfenbeinküste könnte ein Ja nun zu einer neuen Krise führen.
Nach den Wahlen 2010 hatte das Land, das der weltgrößte Kakao-Exporteur ist, mit Ouattara und dem damaligen Amtsinhaber Laurent Gbagbo über Monate zwei Präsidenten. Bei Ausschreitungen starben rund 3.000 Menschen. Gbagbo musste sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verantworten, gewann seinen Prozess jedoch in erster Instanz. Dessen Partei, die ivorische Volksfront (FPI), schickt zwar Pascal Affi N'Guessan (67) ins Rennen. Zum Generationswechsel 2020, auf den vor fünf Jahren noch viele junge Wähler gehofft hatten, wird es aber nicht kommen.
Kritisch ist auch die Lage in Guinea. Dort hat Präsident Alpha Conde (82) durch ein Verfassungsreferendum im Oktober – als Wahltag ist der 18. Oktober im Gespräch – die Möglichkeit, erneut als Spitzenkandidat anzutreten. Dagegen demonstrieren schon seit Herbst immer wieder Oppositionsbündnisse aus Politik und Zivilgesellschaft. Laut Informationen der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sind bei den Protesten bislang Dutzende Menschen ums Leben gekommen. Zahlreiche Personen wurden zudem von Sicherheitskräften verschleppt.
Der zunehmende Terror birgt für die Wahlen in allen Sahel-Staaten eine große Herausforderung. Laut der US-Nichtregierungsorganisation Acled, die Daten zu Konflikten weltweit erhebt, sind allein in Burkina Faso in den vergangenen zwölf Monaten 2.852 Personen durch Kämpfe, Anschläge und Gewalt gegen Zivilisten ums Leben gekommen. Die prekäre Sicherheitslage macht fraglich, ob dort am 22. November freie, faire und transparente Wahlen stattfinden können. Im Juni nannte die katholische Bischofskonferenz die Lage „besorgniserregender als je zuvor“.
Wichtig sei, dass die Binnenflüchtlinge einbezogen werden und die Möglichkeit erhalten, ebenfalls zu wählen. Derzeit sind im Land mehr als 978.000 Menschen vor Terroristen, Milizen sowie Gewalt von Sicherheitskräften auf der Flucht. Die Zahl hat sich seit Juli 2019 mehr als vervierfacht.
In Burkina Faso treffen erneut Amtsinhaber Roch Marc Christian Kabore (63) und Oppositionsführer Zephirin Diabre (60) aufeinander. Laut einem Bericht von „LeFaso.net“ hatten sich im Juni knapp zwei Drittel der Wähler noch für keinen Kandidaten entschieden.
Zu Organisationsschwierigkeiten wegen der angespannten Sicherheitslage kann es auch im Niger kommen. Auch dort herrscht aufgrund von Anschlägen und Überfällen teilweise Ausnahmezustand. Die Präsidentschaftswahl soll am 27. Dezember stattfinden; jedoch ohne Amtsinhaber Mahamadou Issoufou (68), der nach zwei Mandaten nicht erneut antreten darf. Als Kandidat geht aber der Offizier Salou Djibo (55) ins Rennen, der am Staatsstreich 2010 beteiligt war.
In Ghana kommt es erneut zu einem Duell zwischen Nana Akufo-Addo (76) und John Dramani Mahama (61). Letzterer war bis 2016 Präsident, verlor dann aber gegen Akufo-Addo. Für 7. Dezember steht nun das nächste Aufeinandertreffen der beiden an.
Von Katrin Gänsler (KNA)
© Text: KNA