„Die Sorge um Amazonien ist auch unsere Sorge“
Amazonas-Synode ‐ Ein Jahr nach der Synode für Amazonien „Neue Wege für die Kirche und für eine integrale Ökologie" in Rom zieht eine Gruppe von Synodenteilnehmerinnen und Beobachtern ein erstes Fazit.
Aktualisiert: 20.10.2020
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Ein Jahr nach der Synode für Amazonien „Neue Wege für die Kirche und für eine integrale Ökologie" in Rom zieht eine Gruppe von Synodenteilnehmerinnen und Beobachtern sowie die beiden Werke Adveniat und MISEREOR ein erstes Fazit: Ein intensivierter Austausch sowie die Einführung der neuen kirchlichen Amazonas-Konferenz CEAMA gelten als wichtige Folgeschritte. CEAMA soll die Beschlüsse der Synode umsetzen und dabei nahe bei den Menschen sein. Gleichzeitig bleibe noch viel zu tun, um Papst Franziskus‘ vier Träume aus dem Abschlussschreiben der Synode „Querida Amazonia“ Realität werden zu lassen. Dafür brauche es auch den europäischen Beitrag, in Politik wie Gesellschaft.
„Eine Synode des Aufbruchs für Amazonien und den Planeten – und dann kam Corona. Dieser Eindruck mag in Deutschland vorherrschen“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Pater Michael Heinz. „Doch dieser Eindruck ist falsch. Die Beschlüsse der Synode werden vor Ort mit den Menschen an der Basis diskutiert und umgesetzt.“ Zudem hätten die Amazonas-Bischöfe mit Einführung der kirchlichen Amazonas-Konferenz CEAMA eine der wichtigsten Forderungen von Papst Franziskus und der Synode bereits umgesetzt. „Die pastorale Arbeit in und für Amazonien hat jetzt einen festen, eigenständigen Ort innerhalb des Rates der lateinamerikanischen Bischofskonferenzen CELAM. Hier kann nun eine Pastoral entwickelt werden, die ganz im Sinne von Papst Franziskus das Leben der Indigenen in Kirche, Gesellschaft und Politik als Einheit begreift“, so Pater Heinz.
Über die Landesgrenzen hinweg seien neue Bildungsnetzwerke entstanden, um die Perspektiven von indigenen Kindern und Jugendlichen zu verbessern und gemäß ihrer Bedürfnisse zu verändern. Bischof Martínez de Aguirre Guinea prangerte mit deutlichen Worten Menschenrechtsverletzungen und Morde an indigenen Aktivisten an. „Am Amazonas leben Indigene, Christinnen und Christen, Priester und Bischöfe die politische Nächstenliebe, die wir auf der Amazonien-Synode eingefordert haben, und die Papst Franziskus in seiner jüngsten Enzyklika ‚Fratelli Tutti‘ als Nachfolge Jesu beschrieben hat“, so Adveniat-Chef Pater Michael Heinz.
Politische Nächstenliebe braucht ein Ende imperialer Lebensweise
Diese politische Nächstenliebe verlange eine klare Position der Kirche insgesamt, um sich gegen ungerechte politische Strukturen, wie sie in internationalen Abkommen zum Beispiel zwischen der EU und den Mercosur-Ländern vereinbart werden sollen, zu engagieren. „Wir müssen Nein sagen zu Abkommen, die Menschenrechte missachten und hohe Umweltrisiken beinhalten, oder diese Abkommen entscheidend nachbessern“, fordert Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer des Werks für Entwicklungszusammenarbeit MISEREOR. Spiegel begrüße deshalb ausdrücklich, dass sich das EU-Parlament Anfang Oktober gegen das aktuell vorliegende Mercosur-Abkommen ausgesprochen habe, und bestärke die Bundesregierung in diesem Kurs.
Weiterhin seien ungleiche Weltwirtschaftsstrukturen wie sie auch das Mercosur-Abkommen begünstigen würde notwendiger Bestandteil einer imperialen Lebensweise. „Eine imperiale, auf Konsum ausgerichtete Lebensweise ist nur möglich, weil wir nicht nur die dafür notwendigen Ressourcen anderen Erdteilen – gerade eben auch Amazonien – ‚rauben‘, sondern auch zerstörerische Folgen für Mensch und Mitwelt in andere Erdteile auslagern. Dieses System der strukturellen Sünde (vgl. Schlussdokument der Synode, Nr. 80) fordert alle Bereiche des Lebens – Kirche, Politik, Gesellschaft – zu Handeln und Umkehr auf. Es macht deutlich, dass die Sorge um Amazonien auch unsere Sorge ist, denn es geht um das Sorgetragen des gemeinsamen Hauses Erde und damit um nachhaltiges, würdiges und gutes Leben für alle.“
© Text: Adveniat